Es ist schon ein Kreuz, wenn man Franke ist. Reist man durch die Republik und outet sich als solcher, erntet man im nördlichen Teil der Republik verwunderte Blicke: „Franken? Was ist denn das? Ihr seid doch alle Bayern!“
Und wagt man sich in den bayerischen Süden, ist’s nicht viel besser. Dann wird man gerne mal geringschätzig als Preuße bezeichnet, bestenfalls als Beutebayer. Zum Ruhm des schönen Bayernlandes habe man ja nicht viel beigetragen: keinen Kini, keinen Strauß, keinen Audi und auch keinen BMW und das Reinheitsgebot auch nicht! Höchstens Lothar Matthäus, Günther Beckstein & Markus Söder. Und wenn „der Bayer“ grad richtig gut drauf ist – so nach gewonnen Meisterschaften, Double oder Triple –, wird noch darauf verwiesen, wer in der Liga gerade mal wieder einzigartig erstklassig und wer bestenfalls zweitklassig sei. Nein, als Franke mit Selbstbewusstsein hat man es nicht leicht!
Dabei haben wir Franken sehr wohl Grund genug, mit stolzgeschwellter Brust durch den Freistaat (und den Rest der Republik) zu laufen. Heute zum Beispiel, am 21. Mai, dem geburtstag von Albrecht Dürer. Gemälde und Druckgrafiken mit dem charakteristischen AD-Monogramm finden sich in Museen in aller Welt. Auch in der Alten Pinakothek in München. Von dort wollten die Nürnberger das Selbstbildniss im Pelzrock 2012 für die große Dürerausstellung zurück nach Nürnberg holen. Als Leihgabe während der Dürerschau. Manche dachten sogar an eine dauernde Leihgabe. Aber wie so oft – als Bamberger erinnere ich nur an die Bamberger Kaiserkronen – ist das Kunstwerk „plötzlich“ so beschädigt, dass man es bestenfalls anschauen dürfe. Nur halt in Franken nicht! Dabei sind die Nürnberger auf ihren Dürer so stolz. Schulen sind nach ihm benannt, Denkmäler gibt’s, der älteste Kunsverein Deutschlands ist die Albecht Dürer Gesellschaft und das Albrecht Dürer Haus unterhalb der Burg gehört zu den Attraktionen der ehemal freien und stolzen Reichsstadt. Nicht zu vergessen. dass man sich im Moment sogar überlegt, den unter Dürers Aufsicht bemalten Ratssaal wieder auferstehen zu lassen.
Nur in einem Punkt hat die Dürer-Liebe der Nürnberger einen Riss, der vielleicht tiefer sein dürfte als der, dessentwegen das Selbstbildnis im Pelzrock nun doch für immer und ewig in München bleiben muss: Ich sage nur: Albrecht Dürer Pils!
Es ist ja kein Problem in Franken, ein Bier nach so einer „nationalen“ Ikone zu benennen. Im Gegenteil. Für uns Franken wäre es ja sogar eine der höchsten Ehren, wenn einer ein Bier nach einem benennt. Aber halt was für eins?!?! Es mag ja mal der Plan gewesen sein, aus der Patrizier Bräu sowas wie Nürnbergs „Vorzeige-Bier“ mit Traditionsanspruch zu machen. Aber der ging gründlich schief. Der „künstlich geschaffene“ Brauereiriese machte sich durch zahlreiche Übernahmen in der Region (vor allem in Fürth) alles andere als beliebt. Die Absatzzahlen gingen in den Keller – da nutzte auch aller Lokalpatriotismus bei der Namenswahl z. B. des Albrecht Dürer Pils nichts. 1994 wurde die Patrizier von der Tucher übernommen. Wenn man so will eine späte Rache der Fürther, schließlich sitzt da heute die Tucher-Zentrale.
Das Patrizier Albrecht Dürer Pils spielt heute auf dem Biermakt kaum mehr eine Rolle. Patrizier ist eine „Budget-Marke“ im Tucher-Konzern. Nichts, womit man sich rühmt. Nichts, was Tradition versprüht. Es gibt’s halt. Mehr nicht. Und genau so kommt auch das Pils mit dem stolzen Künstler-Namen daher: Recht einfallslos, uninspiriert, ohne große Visionen. So ganz und gar „undürerisch“. Ein goldgelbes Pils mit 4,9 % Alkohol. Der Geruch: Mehr als gewöhnlich kann man da nicht sagen. Hast du eines der standardisierten Pilsner gerochen, kennst du sie alle. Geschmacklich gibt es ein wenig Hopfenaroma, typische Bittere, einen schlanken Körper … Gut, in der Bittere ist es deutlicher als so manch anderes fränkisches Pils. Darunter liegt eine leichte Malzsüße. Aber ausgewogen ist das ganze nicht unbedingt. Und eben auch ein wenig … langweilig.
Liebe Nürnberger, bevor ihr auf die Idee kommt, für wer weiß wie viele Millionen Gemälde zu rekonstruieren, von denen heute niemand mehr sagen kann, wie sie überhaupt ausgesehen haben, geht lieber mal zur Tucher und klopft denen in Sachen Albrecht Dürer Pils auf die Finger! Mit so einem Bier tut ihr eurem größten Sohn der Stadt alles andere als einen Gefallen. Ein anständiges, frisches und vor allem süffiges Albrecht Dürer Pils, ausgeschenkt in den Gaststätten und Kneipen rund um das Albrecht Dürer Haus, verkauft im Shop des Albrecht Dürer Hauses und des Germanischen Nationalmuseums … Das wäre doch was. Und wenn es wirklich gut ist, könnte man vom (ein wenig höheren Verkaufspreis) einen bestimmten Betrag zur Rekonstruktion des Senatssals nehmen. Oder, um das Selbstbildnis im Pelzrock zurückzukaufen. Aber das werden die Bayern nicht hergeben. Und die Tucher da mit macht, ist auch fraglich. Schließlich sitzt deren Verwaltung im (verhassten) Fürth!
Ich sag’s ja, als Franke hat man es nicht leicht.
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