Ich bin ja, wie gesagt, zwar in Kulmbach geboren, aber dort nicht aufgewachsen. Das war in dem kleinen Ort Mainroth kurz hinter der Landkreisgrenze zwischen Kulmbach und Lichtenfels. Und ich kann mich noch gut daran erinnern, dass wir, als ich ein kleiner Bub war, jedes Jahr noch Rothwind zur Kerwa spaziert sind. Wir reden hier von keiner großen Kerwa, in meiner Erinnerung war da eine Schiffschaukel, ein Karussell und ein Bierzelt. Zumindest glaube ich das. Das stand alles von Mainroth aus kommend links auf einer Wiese neben einer größeren Gastwirtschaft … Und um eben jene Gastwirtschaft geht es mehr oder minder heute. Ich bin mir nicht mehr sicher, aber ich denke an der Fassade oder in ihrem Hof gab es mal die Abbildung eines Schwans im sechseckigen Brauerstarn. Wie gesagt, das ist alles Jahrzehnte her und meine Erinnerung kann mich trügen.


Rothwind 8 auf einer größeren Karte anzeigen

Darauf gestoßen bin ich ich, als ich mich näher mit den einzelnen Bieren der Brauerei Kaiserdom in Bamberg beschäftigt habe. Neben der Marke Kaiserdom wird da ja noch so einiges gebraut: Bamberger Bürgerbräu. Domfürsten, Alt-Bamberg, … Unter anderem las ich bei 1000getränke.de, dass dort auch Biere der Marke Angermann gebraut würden. Andere Quellen weisen dagegen auf Kulmbacher hin. Schaut man sich so ein Angermann Etikett an, denn hat man eine ziemlich kitschige Alpenseeidylle vor sich. Also dachte ich mir, dass man da Markenrechte irgendeiner aufgelassenen Brauerei im Süden aufgekauft habe, um (ebenfalls dort im Süden) die Biere zu verkaufen. Bis ich eine Flasche Angermann Pils mal selbst in der Hand hielt und aufs Etikett schaute:

Angermann Markenvertrieb GmbH
95336 Mainleus, Deutschland

Angermann Pils

Ähm, woher kommt das Bier angeblich? Aus Mainleus? Das liegt, wer es nicht weiß, so genau zwischen Mainroth und Kulmbach. Also in meiner „ehemaligen Ecke“! Und damit war mein Interesse geweckt, handelte es sich scheinbar doch keineswegs um eine altbayerische, sondern um eine oberfränkische Marke. Also habe ich ein wenig recherchiert. Das Stadtbranchenbuch der Stadt Kulmbach verweist auf eine Geschäftsadresse in Kulmbach.

Angermann 4

Quelle: http://kulmbach.stadtbranchenbuch.com/876992.html

Unter der selben Adresse, allerdings mit anderer Telefonnummer findet sich übrigens auch das Büro eines Wirtschaftsberaters, der laut Auszug beim deutschen Patent- und Markenamt Inhaber der Rechte an der Wort-/Blildmarke Angermann Pils ist.

Angermann 2

Quelle: https://register.dpma.de/DPMAregister/marke/register/2075288/DE

Das Handelsregister des Amtsgerichts Bayreuth verzeichnet für die Angermann Vertriebsgesellschaft GmbH dagegen eine Geschäftsadresse in Rothwind. Also im selben Ort, wo es ein mal eine Angermann Brauerei gab.

Angermann 3

Quelle: https://www.handelsregister.de/rp_web/direct-download.do;jsessionid=A5667050D8FAD522A589E9FBA1D96871.tc05n03?id=1

Dass es sich beim „modernen Angermann Bier“ tatsächlich um den Nachfolger des „alten“ Rothwinder Angermann Biers handelt, zeigt ein Bierdeckel, den man auf der Homepage Fränkische Brauereien finden kann.

Angermann 1

Sowas mag ich ja, ehrlich gesagt, überhaupt nicht. Dass die Angermann Markenvertrieb GmbH keine Homepage hat, ist ja kein Problem. Aber, dass es unterschiedliche Adressangaben (Kulmbach, Ködnitz, Rothwind) gibt mit unterschiedlichen Telefonnummern, sowas ärgert mich ehrlich gesagt. An wen wendet man sich denn dann, wenn man Fragen zum Produkt hätte? Oder gar Reklamationen? Da würde ich mir mehr Transparenz im Sinne des Verbrauchers wünschen. Die Kulmbacher Telefonnummer führt mittlerweile „ins Nichts“, die in Rothwind führt zu besagtem Wirtschaftberater-Büro in Kulmbach. Aber auch da heißt es: „Die gewählte Nummer ist nicht vergeben.“ Immerhin gibt es bei frimenwissen.de noch eine andere Anschrift inkl. Handynummer.

Angermann 5

Quelle: http://www.firmenwissen.de/musterfinanzprofil.html?crefoId=8070142015

Und jene Anschrift, Rothwind 8, ist tatsächlich jener Gasthof, neben dem immer „meine“ Rothwinder Kerwa stattgefunden hatte. ob die Bamberger Kaiserdom jetzt das Angermann Pils in Lohnbrau herstellt oder selbst an der Angermann Markenvertrieb GmbH beteiligt ist, bleibt spekulativ. Dafür müsste ich wohl ein paar Euro für kostenpflichtige Kreditauskünfte und Auszüge aus Handelsregistern investieren. Aber das lohnt das Angermann Pils nicht wirklich. Denn das goldgelbe und wenig aussagekräftige Pils ist … naja, es ist halt ein „billiges“ Pils.

Angermann Pils2

Man hat typische Getreidenoten; man hat eine verhaltene Bittere, die einen eher an ein würzigeres helles Vollbier denken lässt. Es zeigt typischen Stroh-Hopfen, ist vielleicht ein wenig grasig. Ja, das kann man schon trinken, weil es „nicht weh tut“. Es macht halt, man kann es leider nicht anders sagen, „blau“. Nicht mehr und nicht weniger. Das ist übrigens nicht nur meine Meinung. Das Angermann Pils hat nämlich sogar seine eigene Facebook-Fanpage. Und die definiert sich laut Eigeninfo so

„BESTES BIER ZUM BILLIGEN BESAUFEN“

Na, wenn es so ist, kann ich verstehen, warum irgendwie keiner für das Bier verantwortlich sein will. Allerdings finde ich es mehr als nur schade, wenn traditionelle, fränkische Marken für sowas „missbraucht“ werden. Und das sag ich jetzt nicht nur der schönen Erinnerungen an die Rothwinder Kerwa wegen.