Ich habe schon wieder etwas Interessantes gelesen. Und wie ihr wisst, muss ich euch dann sofort davon berichten. ich kann nicht anders, ich bin halt so. Und zwar war es eine Kolumne in der aktuellen ZEIT über die Auswüchse des Sommelier-Wesens. Der Jurist und Autor Marcus Rohwetter stellt darin ein paar interessante Überlegungen an, z. B., dass Lebensmittel wie Wein, Käse oder eben Wasser mittlerweile so überhöht würden, dass sie den normalen Kunden einschüchtern würden und der Kunde Angst habe, zu viel falsch zu machen. Mit dem Ergebnis, dass es einen Sommelier brauche, der das selbst angerichtete Chaos wieder ordne …

Zeit

Quelle: http://www.zeit.de/2014/26/wasser-sommelier-quengelzone

 

Nun kann man das beim Bier sehen, wie man will. Einerseits kann ein Bier-Sommelier jemand sein, der einem zu einem Blick über den Tellerrand verhilft, wenn er einen auf Bier-Stile aufmerksam macht, die man zuvor nicht kannte. Andererseits können Titel und verwendetes Fachchinesisch auch einschüchtern, was sicherlich im Sinne von manchem „Experten“ sein dürfte. Schließlich soll sich die teure Ausbildung „rentieren“, der Sommelier braucht also zahlende Kunden, die wiederum einen Sommelier „brauchen“, der ihnen sagt, was ihnen schmeckt … Auf der anderen seite gibt es sicher auch Sommeliers, die „aufklärerisch“ wirken, was Schnellvergärung, Fehlaromen, Stabilsatoren usw. angeht. Das ist zwar schön für den Kunden, macht den Sommelier aber letztlich überflüssig, wenn alle Kunden mündig und vor allem gut informiert sind.

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In einem hat die Kolumne allerding recht: Es herrscht Verwirrung und Chaos! Das ist mir zum Beispiel auch beim Fränkischen Bierfest in Nürnberg aufgefallen. Da saß ich am Stand 24, an dem es das Bier der Brauerei Hofmann aus Hohenschwärz gab – und Bedienungen. Nun habe ich generell nichts gegen gut informierte Bedienungen, schließlich ist ein Sommelier per Definition nichts anderes als ein sehr gut ausgebildeter Kellner. Aber leider ist eben keiner da, wenn man einen bräuchte. An besagtem Stand 24 gab es nämlich neben dem bekannten Dunklen auch zwei Helle, ein naturtrübes und ein „normales“. Was mich verwundert hat, denn ich wusste bisher nur von einem naturtrüben Hellen. Und auch laut Homepage der Brauerei gibt es nur das naturtrübe Helle. Aber was soll’s, bestelle ich halt beim Kellner zuerst das „klare“ Helle, um danach die „naturtrübe“ Variante im Vergleich zu probieren. Was ich bekommen habe, war aber verdammt naturtrüb. Also frage ich beim Kellner, was denn der Unterschied zwischen den beiden Varianten des Hellen sei – und bekam die Antwort, die ich befürchtet hatte: „Weiß ich nicht.“ Tja … jetzt wäre ein Sommelier gut gewesen. Also nicht einer, der mit den generellen Unterschied erklärt, denn den weiß ich ja. Aber einer, der mich über den (wahrscheinlich nicht existierenden) Unterschied bei den Hofmann Hellen aufklärt – oder den Standbetreiber, dass er ein alkoholfreies Helles oder Weizen von der Brauerei Hofmann ein wenig seltsam fände …

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Egal, mit solchen Kleinigkeiten schlägt sich höchstens der selbsterwählte Biertester rum. Und der gibt da auch häufig auf und testet dann halt das Hofmann naturtrübe Helle. Ein, wenn ich das mal so sagen darf, „interessantes“ Bier. Die orange-golden-trübe Optik ist ganz in Ordnung. Ordentlich Schwebstoffe lassen auf ein volles Aroma schließen. Dazu passt der deutlich hefige Geruch. Geschmacklich ist es durchaus ein wenig kantig gewesen. Oder sagen wir kernig. Jedenfalls ist es eigenständig, so viel steht fest. Der Antrunk ist angenehm hefig, nach hinten raus wird’s aber immer herber – aber das kommt sicher nicht nur vom Hopfen. Ich hätte da – als interessierter Laie – eventuell auch Eiweiße oder Polyphenole aus Spelzen in Verdacht. Aber ich bin kein Experte und wahrscheinlich soll es nach hinten raus einfach so herb sein. Charakter, eben! In Sachen Nachhall teilen sich grasige Hopfennoten und Hefigkeit das Feld.

In Sachen Hofmann-Bier bleibe ich bei den „klassischen Sorten“, soll heißen beim dunklen Export und dem Festbier. Dem Hellen werde ich wohl noch eine Chance geben, ob es meinen Gaumen „erobern“ kann. Schließlich gibt es bei Bier – wie bei allen anderen Lebensmitteln auch – letztenendes nur zwei Kategorien, die zählen.

Schmeckt – oder schmeckt nicht …

 

P.S.: Die heutige Kolumne soll natürlich keine generelle Sommelier-Kritik sein. Im Gegenteil, ich kenne und schätze etliche Bier-Sommeliers ob ihres Fachwissens und dafür, dass sie ihre Meinung auch gegen gängige Trends oder gar Verbände vertreten. Ach, wenn es denn nur mehr von euch gäbe …