Wenn man mit ausländischen Touristen über Franken und Bier redet, hört man immer wieder sinngemäß dieselben Aussagen: Es sei alles so „einfach“ hier, so ungekünstelt, so authentisch …
Ja, mir kommt es manchmal so vor, als sei Authentizität neben der langen Geschichte vieler Brauereien gerade das Faszinierende an Bierfranken. Aber gerade bei der uche nach Authentizität läuft man häufig in eine Art Authentizitäts-Falle. Denn dort, wo man sie häufig am meisten zu finden meint, ist sie nicht selten nur vorgespielt. Bestes Beispiel dafür sind zum Beispiel die so urig anmutenden Bügelverschluss-Flaschen. Nicht selten gibt es gerade die Biere von ganz kleinen Brauereien seit einiger Zeit in eben jenen Flaschen. Das wirkt so urig, so authentisch, wie früher. Schließlich ist der Bügelverschluss ja viel älter als der Kronkorken. Aber welche Kleinbrauerei kann sich schon einen Füller und Verschließer für die „Swing-Tops“, wie meine amerikanischen Freunde es nennen, leisten? Eben! Mal ganz abgesehen von den mittlerweile zum Standard gewordenen „Lochmund-Flaschen“. Für mich sind die schon lange kein Zeichen für „Authentizität“ mehr . Im Gegenteil: Seit die großen Lohnbrauer und -füller der Region sich auf diese Flaschen eingeschossen haben, macht es mich stutzig, wenn ich ein Bier plötzlich so präsentiert bekomme.
Nun kann man bei der Brauerei Ibel in Kappel nicht von „plötzlich“ sprechen. Geschlossen wurde die Brauerei laut braufranken.de ja schon 2005. Mit dem Effekt, dass es das so „authentisch“ anmutende Ibel-Bier dafür immer häufiger zu geben scheint. Gebraut wird es, wenn man verlässlichen Quellen glauben darf, beim Göller in Zeil am Main. Und der ist ja auch einer der großen Bügelverschluss-Spezialisten in der Region. Ob das Lohnbräu jetzt besser als das alte, originale Ibel-Bier ist, kann ich nicht sagen. „Authentischer wird es dadurch jedenfalls nicht.
Wobei so ein Bier wie das Ibel-Pils ja zu allerwüstesten Wortspielen einlädt. Die Gleichung Ibel = übel möchte ich beim Pils nicht ganz so einfach aufmachen. Das hellgelbe Pils mit dem typischen, weißen Schaumkrönchen und den 4,9 % ist weder das beste noch das schlechteste. Zu meinen Lieblingsbieren wird es jedoch nicht zählen. Da hat mich zu viel „gestört“. Gut, ein fränkisches Pils ist sowieso immer so eine Sache. Und bei diesem verheißt der Geruch ja schon mal Hopfen, aber er wirkt ein wenig metallisch. Auf der Zunge wirkt es auf der einen Seite fast schon knochentrocken, auf der anderen dafür ein wenig buttrig und getreidig … Vor allem die Bittere ist auf die Dauer anstrengend. Die baut sich nämlich ganz schön auf und hängt auch ordentlich nach. Das mag ich jetzt persönlich eher weniger, obwohl es ja eigentlich zu den typischen Pils-Charakteristika gehört. Die Frage ist nur, wie diese Bittere im Aromenprofil eingebettet ist. Hier steht ihr nach meinem dafürhalten zu wenig Restsüße und zu wenig frisches Hopfenaroma zur Seite. Tut mir leid, „authentische“ Gefühle finden sich bei mir so nicht ein. Da helfen auch die Bügelverschluss-Flasche, das urige Wappen und die Angabe „seit 1650“ nichts.
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