Wenn ich gestern schon einen Kellerbock hatte, dann ist heute natürlich ein Kellerbier dran. Und bei diesem Bier könnte man jetzt genüsslich über die Vor- und Nachteile von Filtration bei Bieren philosophieren. Schließlich verkünden die Distelhäuser aus Distelhausen in Tauberfranken selbstbewusst auf dem Etikett:
„Gänzlich unfiltriert verlässt diese nach Handwerkstradition gebraute obergärige Bierspezialität unsere Braukeller“
Halt?!?! Obergärig? Ein obergäriges Kellerbier? Wieso denn das? Ganz einfach: Beim Brauen wird neben dem kellerbiertypischen Gerstenmalz auch Weizenmalz verwendet. Und damit darf man reinheitsgebotskonform nicht mehr untergärig brauen. Schließlich sagt §9 Nr. 1 und 2 des Vorläufigen Biergesetzes deutlich:
„(1) Zur Bereitung von untergärigem Bier darf, abgesehen von den Vorschriften in den Absätzen 4 bis 6, nur Gerstenmalz, Hopfen, Hefe und Wasser verwendet werden.
(2) Die Bereitung von obergärigem Bier unterliegt derselben Vorschrift; es ist hierbei jedoch auch die Verwendung von anderem Malz und die Verwendung von technisch reinem Rohr-, Rüben- oder Invertzucker sowie von Stärkezucker und aus Zucker der bezeichneten Art hergestellten Farbmitteln zulässig.“
Nun kann man über den Sinn oder Unsinn dieser Regelung trefflich streiten. Warum ein paar Prozent Weizenmalz in der Schüttung untergäriges Brauen verbieten sollen, lässt sich nur historisch begründen. Heute gilt es aber weder den Weizen als Brotgetreide noch ein staatliches Weißbiermonopol zu schützen. Ein Verbot eines untergärigen Biers mit Weizenmalz halte ich daher ehrlich gesagt für nicht mehr sehr sinnvoll. Zudem es mittlerweile auch recht neutral vergärende obergärige Hefen gibt. Dann kann man doch gleich eine untergärige nehmen … Bleibt die Frage, warum man bei einem Kellerbier überhaupt auf Weizenmalz setzen muss. Schließlich kommt die Mehrheit der Kellerbier ja ohne aus. Weizenmalz enthält mehr Eiweiß, was wiederum im Bier eine konstantere Trübung bewirken kann. Außerdem soll es die Schaumentwicklung und natürlich auch den Geschmack verbessern. So ein wenig Weizenmalz soll das Bier weicher und vor allem runder und vollmundiger machen.
Was die Trübung angeht, kann man sich beim Distelhäuser Kellerbier mit seinen 5,1 % nicht beschweren. Es ist schön bernsteinfarben. Gut so. An Aromen hat man ein wenig Hefe in der Nase und vor allem brotige Malz- und Karamellaromen. Das gefällt mir und auch geschmacklich passt das Bier wunderbar zur Brotzeit. Vom Volumen her fällt es gar nicht mal so „schwer“ aus. Das hätte man beim Weizenmal vielleicht voller erwarten können. Aber ich weiß ja nicht, wie viel Weizenmalz im Bier ist. Allerdings lässt die Nennung des Weizenmalzes vor dem Gerstenmalz darauf schließen, dass es mehr ist. Sonst schmeckt es so, wie man es erwartet: hefig, brotig, einw enig fruchtig und nach Karamell. Es könnte ein wenig kerniger sein. Aber da bin ich vom fränkischen Land vielleicht auch nur echt kantige Biere gewohnt. Schlecht ist es jedenfalls nicht. Ob es nun mit untergäriger Hefe anders oder sogar besser wäre, ist spekulativ. Warum man mit Weizenmalz aber im Jahr 2014 immer noch nicht untergärig brauen darf, erschließt sich mir immer noch nicht …
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