Die letzte und diese Woche habe ich mich ja ein wenig damit beschäftigt, was es an Problemen auf dem heimischen Biermarkt gibt. Denn mit plakativen Sätzen wie „Die Deutschen haben ihre Liebe zum Bier verloren“ – wie im SZ-Magazin zu lesen – gebe ich mich nicht zufrieden. Das Interesse am Bier ist da, vielleicht auch noch die vielbeschworene Liebe, aber …
Aber die Deutschen „lieben“ halt nicht mehr jedes Bier. Klar, strengere Regeln für Bier am Arbeitsplatz und im Straßenverkehr führten zu einem sinkenden Absatz. Auch die immer stärker werdende Bedeutung von Gesundheit und Fitness in unserer Gesellschaft hilft beim Bierabsatz nicht unbedingt. Denn Bier gilt eben höchstens als Alkoholfreies als gesund. Da hat Bier tatsächlich ein „Image-Problem“.
Aber trotzdem ist uns Bier nicht etwa egal. Ich möchte fast sagen: Im Gegenteil. Denn wann immer man sagt, dass man den Braukessel anwirft, schaut Jung und Alt mal vorbei, steht interessiert daneben, stellt Fragen, … Es gibt ein Interesse fürs Bier – sogar bei Nicht-Biertrinkern. Und ich denke, genau das ist der Punkt. Bier & Brauen müssen wieder erlebbar gemacht werden. Wenn ich mir auf youtube zum Beispiel die Edelstahl-Wüste bei Warsteiner ansehe, dann denke ich mir immer: Spätestens an dem Punkt, haben wir die Liebe zum Bier verloren!
In unseren Köpfen ist sie ja noch da, die handwerkliche Brauromantik. Und in unseren Supermärkten stehen die Biere, deren Brauer mehr oder minder „Maschinenführer“ sind. Keine Frage, sie können noch brauen. Aber die Geschicke der großen Brauereien bestimmen die Brauer und Braumeister schon lange nicht mehr.
Auf der anderen Seite steht dafür eine rege und wachsende Zahl an Haus- und Hobbybrauern. Meldet man sich bei seinem zuständigen Hauptzollamt an, so darf man im eigenen Haushalt 200 Liter Bier steuerfrei selbst sieden und vergären lassen. Eine genaue Statistik über die Zahl der Hobbybrauer habe ich leider nicht gefunden, aber zumindest die Zahl der Mitglieder der Vereinigung der Haus- und Hobbybrauer in Deutschland e.V. steigt kontinuierlich. Und die Zahlen sind nur die Spitze des Eisbergs, denn nicht jeder, der zuhause Bier braut, ist im Verband organisiert.
Natürlich kann man die Biere, die in mehr oder minder selbst zusammengezimmerten „Anlagen“ wie zum Beispiel unserer entstehen, nicht mit einem Warsteiner vergleichen. Als Haus- und Hobbybrauer kann man niemals den Geschmack so einheitlich und reproduzierbar halten wie die Industriebrauereien. Aber genau das macht den Reiz beim Hobbybrauen aus. Man hat alle Bestandteile des Biers in der Hand, kann sie riechen, schmecken, fühlen. Man fiebert dem Ergebnis entgegen. Man bekommt ein Gespür für das Getränk. Ich würde sogar sagen: Selbst zu brauen ist eine der besten Sensorik-Schulungen, die man sich vorstellen kann, vor allem, wenn man anfängt, nach eigenem Rezept zu brauen, so wie wir das machen. Und man schätzt Bier wieder deutlicher wert. Zumindest handwerklich gebrautes! Denn wer weiß, wie viel Zeit, Arbeit, Energie und Rohstoffe hinter einem Seidla stehen, der kauft es im Supermarkt nicht mehr unbedingt für 29 ct por Dose!
Aber genug der Vorrede. Ich wollte ja heute über unser eigenes Bier, unser Keller Hell schreiben. Eigentlich mache ich das ja äußerst ungern, denn natürlich ist unser Bier das Beste auf der Welt. Da wäre eine ordentliche Portion „Väterstolz“ immer dabei. Also sammle ich Feedback von Kollegen, Brauern, Gastronomen und Nachbarn, die das Bier probiert haben und gebe sie wieder.
Erst mal das Wichtigste vorweg: Wer das Bier bisher probiert hatte, war in der Regel positiv angetan. Wenn einem der Nachbar ein freundliches „Ey, euer Bier, des bassd scho!“ zuruft, dann weiß man, man kann nicht so schlecht gearbeitet haben. An Bierfehlern konnte ein befreundeter Brauer auch nichts finden. Die längste Diskussion über unser Bier hatte ich mit Gerhard Schoolmann vom Cafe Abseits. Denn ihm war unser hell-trübes Bier zu fruchtig für ein typisches Kellerbier. Laut Sortenbeschreibung beim European Beer Star sind Fruchtester bei diesem Biertyp ja fehl am Platze. Diese Fruchtigkeit wollte er übrigens nicht unbedingt als „Fehler“ sehen.
Im Gegenteil, eigentlich fand er es „besser als ein Kellerbier“. Bei einem Kellerbier hätte er andere Erwartungen gehabt. Die fruchtigen Aromen (wohl vom Hopfen und der Hefe) sind bei hellen Kellerbieren tatsächlich nicht so typisch. Deshalb hätte er es eher als Pale Lager einsortiert. Gut, beim Hopfen waren wir für fränkische Verhältnisse fast schon verschwenderisch. Und mit Perle und Saphir sind auch gut „frische“ Hopfensorten am Werk. Auch die 25 Bittereinheiten (könnte im Endeffekt auch noch ein wenig mehr geworden sein) waren bei einem Testtrinker ein wenig an der Grenze. Bitterer hätte es – als Kellerbier – für ihn nicht sein dürfen. Ansonsten hat es aber alles, was man von einem Kellerbier erwarten darf: Einen anständigen Körper, eine wenig Süße, die fast in Honignoten geht, nicht zu starkes Malzaroma …
Dazu kommt im Abgang eine leichte Rauchnote, für die wohl die Rauchbierhefe der Brauerei Spezial verantwortlich zeichnet. Mit der haben wir unser Bier nämlich vergoren. Aber vielleicht bilden wir, mein Braupartner Jürgen und ich, die uns auch nur ein, weil wir ja wissen, was drin ist.
Und wenn man als „Kritik“ hört, dass man für den angedachten Biertyp „zu geschmacksintensiv“ gebraut hätte, kann man als stolzer Haus- und Hobbybrauer damit leben. Am meisten freut es einen aber, wenn die Pi mal Daumen 40 Liter ziemlich schnell weg sind. Das ist für jeden Brauer – egal ob Hobby oder Profi – das beste Lob. Jedenfalls brauen wir weiter. Und wir trinken jetzt noch bewusster Biere anderer Brauereien. Warsteiner und ähnliches kommt uns allerdings jetzt noch weniger ins Glas.
Trotz oder vor allem wegen unserer Liebe zu handwerklichem Bier!
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