Darf ich heute ein wenig weiter ausholen?
Ich weiß, es ist Nikolaus und ich könnte so schön über irgend ein geiles Starkbier schreiben, das in meinem Stiefelchen steckte, aber ich würde euch gerne eine andere Geschichte erzählen. Das mit dem Bier hole ich dann bei Gelegenheit nach …

Nikolausi 3

Es ist schon ein paar Jahre her, da war ich am 2. Adventssonntag in Bamberg in St. Martin in einem Gottesdienst. Der Plan war simpel: Ein wenig Gute-Laune-Katholizismus und Wellness für die Seele, bevor es mit Lebkuchen und Glühwein – Glühbier gab es damals noch nicht – über den benachbarten Weihnachtsmarkt gehen sollte. Schließlich soll der Körper in der Vorweihnachtszeit auch zu seinem Recht kommen. Und dazwischen noch ein wenig „Schäfchengucken“ bei den vielen Weihnachtskrippen.

St MartinDaraus wurde dann aber nichts, denn der damalige Pfarrer in St. Martin lieferte statt des erhofften Seelenbalsams mit „Wir sagen euch an, den Lieben Advent-Romantik“ eine „Problempredigt“ über die soziale Verantwortung auch in der Weihnachtszeit, die sich gewaschen hatte. So gewaschen, dass sie bis jetzt nachwirkt …

WAZ

Mehr als nur unglücklich: Die WAZ warnt vor den Folgen des Alkohol- (und damit auch des Bier-) Konsums und wirbt nebenan gleich mal für einen Online Biershop!
Quelle: derwesten.de/panorama/jaehrlich-zehntausende-tote-durch-alkohol-id7795729.html

Wie ich da jetzt drauf komme? Ganz einfach! Ich würde heute nämlich gerne über die soziale Verantwortung von Brauereien schreiben.  Und da liest man in letzter Zeit vor allem immer wieder folgendes: Zwischen 70.000 und 80.000 Deutsche sterben – je nach Studie – jedes Jahr an den direkten Folgen von Alkoholmissbrauch. Die Kosten des Alkoholmissbrauchs für das Sozialsystem gehen in die Milliarden, mindestens. Deshalb soll es Werbebeschränkungen für Bier und Brauereien geben. „Sensible Personengruppen“ sollen erst gar nicht in Kontakt mit Bier und Bierwerbung kommen. „Soziales Engagement“ von Brauereien wird da alles andere als positiv aufgenommen.

Aber was ist mit dem Sport-Sponsering. Studien zufolge zeigen Sportler in Vereinen mit Bier-Sponsering häufiger ein riskantes Trinkverhalten (wie auch immer das definiert wird) als Sportler ohne Bierwerbung auf der Brust. Aber wie viele Sportvereine gibt es nur noch, weil die örtliche Brauerei Geld zuschießt. Wir reden hier nicht davon, dass sich die Bayern noch einen Top-Spieler mehr leisten können, weil sie auf offiziellen Fotos alle ein Paulaner Weißbier in ihren vergoldeten Händchen halten. Wir reden von Kreisliga-Vereinen z. B. in der fränkischen Provinz. Von Regionen, in denen langsam Betrieb um Betrieb schließen muss, in denen Landflucht herrscht und sinnvolle Freizeitprogramme für Jugendliche Mangelware sind. Mit Glück gibt es überhaupt einen Spielplatz! Dort sind Wirtshäuser und Brauereien häufig die einzigen, die überhaupt fördern können. Und selbst die machen es, obwohl es sich nicht mehr rentiert. Aus sozialer Verantwortung eben, schließlich hat man es immer so gemacht und kann „seinen Verein“ nicht hängen lassen.

Zünftig sieht es ja aus, wenn wir in Tracht Bier und alkoholfreie Getränke zu Pfarrfesten und Kindergartenfesten im Hof des hiesigen Kindergartens ausschenken. Die Einnahmen gehen an Kindergarten und Gemeinde. Nur wie lange noch ...???

Zünftig sieht es ja aus, wenn wir in Tracht Bier und alkoholfreie Getränke zu Pfarrfesten und Kindergartenfesten im Hof des hiesigen Kindergartens ausschenken. Die Einnahmen gehen an Kindergarten und Gemeinde. Nur wie lange noch …???

Oder reden wir von Kindergärten. Bier hat in einem Kindergarten nichts zu suchen, auch das ist unstrittig. Aber über den Verkauf von Bier und nichtalkoholischen Getränken bei Kindergartenfesten erwirtschaftet so mancher Elternbeirat das Geld, mit dem solche Feste überhaupt erst gestemmt werden können. Nicht selten spendet die örtliche Brauerei für so ein Fest ein kleines Fass. Und wenn das nicht, dann gibt es eben einen Sonderpreis „für die Gemeinde“. Oder stellt den eigenen Kühlwagen oder Biergarnituren … Man kennt sich ja. Man hat(te) die eigenen Kinder dort im Kindergarten. Man ist in der Gemeinde aktiv. Man hilft und übernimmt Verantwortung. Gut, wir reden hier von Kleinbeträgen. Ein Fünfziger hier, hundert Euro da. Aber für so manchen Elternbeirat sind ein paar hundert Euro eine Menge Geld. Meine Kleine kam gestern mit leuchtenden Augen aus einem Theaterstück. Gesponsert hat das für alle Kindergartenkinder der Elternbeirat, finanziert auch durch den Verkauf von Bier! Gegen die Milliarden an volkswirtschaftlichen Schäden durch Alkohol sind das natürlich Peanuts. Selbst bei der Gesamtzahl der Kindergärten und Sportvereinen. Aber es geht auch eine Nummer größer.

Glöckla Martin

Und deshalb mache ich heute eine Ausnahme. Ich schreibe heute mal nicht über Bock- oder Festbiere, sondern über zwei Biere, die es gibt, um Geld für gemeinnützige Aufgaben zu sammeln: das Glöckla Bier aus Naila und das St. Martin Bier aus Bamberg. Die katholische Gemeinde in Naila hatte im letzten Jahr ein ernstes Problem: Der vor 50 Jahren eingebaute Glockenstuhl hielt den ständigen Vibrationen durch das Läuten nicht stand. Risse zogen sich durchs Mauerwerk, die Statik war nicht mehr gegeben. Ein ganzes Jahr lang schwiegen die Glocken, die evangelische Gemeinde läutete für ihre katholische Schwestergemeinde … Für jemanden, der wie ich auf dem fränkischen Land groß geworden ist, sind schweigende Kirchenglocken unvorstellbar.

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Satte 120.000 € kostete der Neubau des Glockenstuhls. Im September dieses Jahres konnte er mit einem dreitägigen Festakt – unter anderem auch mit dem eigens dafür beim Frankenwälder Brauhaus eingebrauten Glöckla Bier – eingeweiht werden. Die Einnahmen daraus flossen in die Finanzierung des Glockenstuhls. 20.000 € stemmte die Gemeinde aus Spenden und aus dem Verkauf eines eigens beim Frankenwälder Brauhaus eingebrauten Glöckla Biers. Dabei handelt es sich um ein Dunkles mit geschmeidigen 4,8 %. Es sieht schön braun aus und ist ganz ehrlich nicht das schlechteste Dunkle. Aromen von dunkel gebackener Brotrinde, ein wenig Karamell, schönes Malz – dabei aber nicht zu überladen und barock in der Anmutung. Doch, das geht sehr gut, vor allem zur Brotzeit oder zu Bratwürsten. Wenn man so will, ist das ja so eine Art fränkischer Dreiklang: Bier, Bratwürste und irgendwo läuten die Glocken. In Naila läuten die nun auch wieder. Schon alleine das wäre Grund genug, sich eine Kiste Glöckla Bier nach Hause zu holen. Dass das Bier gut schmeckt, macht die Sache natürlich noch besser. Kann ich das empfehlen? Ohne mit der Wimper zu zucken, ja. Irgendwie erinnert es mich auch ein wenig an das kultige Ahornberger Landbier Dunkel. Und das habe ich seinerzeit geliebt!

Glöckla Naila

Oder nehmen wir – und damit schließt sich der Kreis wieder – die Pfarrgemeinde St. Martin in Bamberg. Dort steht eine Art „Generalrenovierung“ des Kirchenbaus an. Die „Bausünden“ vom Barock bis in die Neuzeit führten dazu, dass mittlerweile nur noch ein kleiner Teil des Kirchenraums genutzt werden kann. Fünf Millionen wird die Sanierung der Kirche kosten, 10 % davon, also 500.000 Euro muss die Gemeinde selbst schultern – zusätzlich zu ihren sonstigen Aufgaben. Um die irgendwie zusammenzubekommen hat der Förderverein St. Martin zusammen mit der Brauerei Spezial ein „St. Martin Bier“ aufgelegt. Dabei handelt es sich um das Märzen der Brauerei Spezial mit eigenen Martins-Etiketten, mit dem die Pfarrgemeinde finanziell unterstützt wird. Über das Bier brauche ich eigentlich nichts weiter zu schreiben, denn zum einen ist es allgemein bekannt, dass die Spezi-Biere süffig sind, und zum anderen war es schon die Nr. 44 beim Bier des Tages. Bekommen kann man das Bier bei der Pfarrgemeinde, im Sommer auf dem Spezikeller oder bei der Fa. Magnus Klee am Obstmarkt. Oder ihr geht am 6. Januar zum Stärkantrinken nach St. Martin.

 

St Martin Bier Bamberg

Also mache ich heute mal etwas, was man als Bierblogger tunlichst vermeiden sollte. Ich bitte euch heute tatsächlich mal, mehr Bier zu trinken. Trinkt Glöckla, trinkt St. Martin Bier! Und nicht nur die. Unterstützt eure lokalen Brauereien, denn was die – häufig im Hintergrund und ohne es an die große Glocke zu hängen – für funktionierende Dorf- und Gemeindegemeinschaften leisten, darf man nicht unterschätzen.Und nein! Ich rufe euch jetzt nicht auf, euch heillos zu besaufen, weil es ja für einen guten Zweck ist. Darum geht es nicht. Aber auf der anderen Seite über das Ziel hinauszuschießen und Bier aus allen möglichen Lebensbereichen zu verbannen, wird die Probleme nicht verbessern. Ich bleibe dabei, wenn sich die Brauereien die vielen kleinen und größeren Spenden und Hilfestellungen nicht mehr leisten können, gehen hier und da die Lichter aus. Oder die Glocken bleiben stumm. Und was wäre die Weihnachtszeit ohne die geschmückten Kirchen und den Glockenklang. Na eben!