Ich arbeite heute mal wieder was von meinem „Weizenüberschuss“ ab. Ich komme ja noch aus einer Generation, der Begriffe wie Butterberg oder Milchsee ein Begriff sind. Und wie die EU damals (und sicher heute immer noch) kräftige Überschüsse bei einigen Produkten erwirtschaftete und „auf Halde“ lagerte, geht es mir mit den obergärigen „Bierspezialitäten. Nun haben aber mittlerweile fast alle Brauereien ein oder mehr Weizen im Programm, sodass das mit der „Spezialität“ relativ ist. Und ich plötzlich kistenweise „Probier-Weizen“ herumstehen habe, die ich hier in meinem Blog nicht „wegbekomme“, wenn ich nur sonntags ein Weizenbier behandle.
Mag es vor einigen Jahren hier in Franken genügt haben, überhaupt ein Weizen anzubieten, muss man heute schon mehr aufbieten, um nach der „Weizenexplosion“ überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Bei der Felsenbräu Gloßner in Talmannsfeld gibt es zum Beispiel insgesamt 5 „Weizenbiere“ – vom alkoholfreien Gipfelstürmer bis hin zum Weizenbock. Die Kutscher-Halbe zeigt sich dabei sozusagen erst auf den zweiten Blick als Weizen der besser gesagt „im Kleingedruckten“. Denn eine Kutscher-Halbe könnte ja alles sein. Nur an ein Weizen hätte ich nicht gedacht. Zumal der Begriff „Halbe“ darauf schließen ließe, dass es ein wie auch immer geartetes „Kutscher-Bier“ normalerweise als Maß gibt, deren Hälfte die Kutscher-Halbe sei. Und eine Weizenmaß??? Naja, wer’s mag.
Benannt ist das bernsteinfarbene Weizen nach der ehemaligen Poststation, aus der die jetzige Felsenbräu erwuchs. Und wer mit der Postkutsche in Thalmannsfeld „einrumpelte“, den erwartete neben einer zünftigen Brotzeit besagte bernsteinfarbene Kutscher-Halbe mit 5,2 %.
Die Farbe der Kutscher-Halben könnte man irgendwo zwischen orangebraun und dunkelhonig einordnen. „Bernstein“ eben. Steht ja auch auf dem Etikett. Für ein Weizen ist der Antrunk verdammt malzig. Das passt aber ganz gut, weil die Malzsüße recht gut mit der Hefefruchtigkeit korrespondiert: So mischens ich Honig, Süße, Karamellnoten mit der Bananenfruchtigkeit der Hefe. Allerdings fehlt es der Kutscher-Halben vielleicht an „Würzigkeit“. Mehr Nelkenaromen und ein wenig mehr in Richtung „Dunkles Weizen“ würden dem Bier auch gut stehen. Ach ja – und wenn ich mir schon was wünsche, dann würde ich den Abgang auch ein wenig länger gestalten. Kein schlechtes Weizen, aber von einer legendären „Kutscher-Halben“ – wie es das Rückenetikett verspricht – hätte ich mehr erwartet.
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