Als ich gestern ein wenig provokant auf Facebook gefragt hatte, ob es einen fränkischen Zoigl aus einer gewerblichen Brauerei überhaupt geben könne, habe ich eine kleine Diskussion ausgelöst. Wenn man über Bier diskutiert oder gar streitet, vor allem aber redet, dann bringt es das Thema Biervielfalt im Land manchmal vielleicht auch nur einen bescheidenen Schritt weiter, aber eben doch ein wenig weiter. Und weil mir sowas gefällt, schiebe ich gleich mal das nächste provokante Kellerbier hinterher:
das Kitzmann Kellerbier 1904 Alkoholfrei
Der Markt für alkoholfreie Biere boomt ja. Die WELT fragte im Juli dieses Jahres „Warum Alkoholfreies die neue Limonade ist“ und schob beeindruckende Zahlen hinterher: Seit 2010 ist der Ausstoß von Alkoholfreiem um über 50 % gewachsen, akoholfreie Biere nehmen hinter Pils und Weizen im Sortenranking Platz drei im Ausstoß ein und über 5 Millionen Hektoliter sind im letzten Jahr davon durch die Kehlen der Durstigen geflossen – so lässt es sich dem Artikel entnehmen. Was unter anderem daran liege, dass „die Anzahl der Alkoholfrei-Varianten weiter steigt“. Und dann werden neben alkoholfreiem Pils, Weizen, Kölsch, Alt und diversen Mischgetränken mit alkoholfreiem Bier auch alkoholfreie Kellerbiere genannt. Das erste alkoholfreie Kellerbier, das ich mal hatte, war das Mönchshof Naturtrüb’s Alkoholfrei und dem folgt jetzt das Kitzmann Kellerbier 1904 Alkoholfrei.
So ein alkoholfreies Kellerbier müsste eigentlich neben dem alkoholfreien Weizen die sprichwörtliche eierlegende Wollmilchsau sein. Viele alkoholfreie Pilsner wirken ja zu leer, zu süß, zeigen zu wenig Körper und der Hopfen setzt oft harsch, unvermittelt und zu bitter ein. Bei einem Kellerbier kann man dagegen mehr mit Karamell- und Farbmalzen spielen, dem Bier über die Hefe mehr Körper und zudem auch einen zusätzlichen Aromenschwerpunkt geben und der Hopfen spielt bei einem Kellerbier keine herrausragende Rolle, was den unvermittelten Wechsel zwischen pappsüßem Körper und bitterem Abgang bei so manchem alkoholfreiem Pils vermeidet. Also alles ideal im Glas? Jein! Zwar schafft es das Kitzmann Kellerbier 1904 alkoholfrei die typischen „Geschmacksprobleme“ alkoholfreier Biere zu umgehen, dafür tun sich andere auf:
Fangen wir mal bei der Farbe an. Ich hätte mir einen dunkleren Farbton als das trübe Gelb-Braun gewünscht. Klar, das Kitzmann Kellerbier 1904 ist auch hell. Da kann die alkoholfreie Variante des Biers nicht plötzlich „eindunkeln“.
Aber mit ein wenig mehr dunkleren Malzen hätte man dem Bier einen kernigeren Charakter geben können. Und dann hätte die grundlegende Süße auch noch besser zum Charakter des Biers gepasst. So fühlt man sich mit der Farbe und den Fruchtaromen von der Hefe zusammen mit der maischigen Süße stellenweise ein wenig mehr an naturtrüben Apfelsaft erinnert als an ein kerniges, brotiges Kellerbier. Schön ist dagegen wieder, wie sich der Hopfen in das Gesamtbild einfügt.
Als Fazit kann man sagen: Vieles besser gemacht als die meisten Alkoholfreien, vor allem, wenn man bedenkt, dass es als „Bier mit niedrigem Stammwürzegehalt“ mit unter 7 % Stammwürze eingebraut wurde! Aber perfekt ist auch das Kitzmann Kellerbier 1904 noch nicht. Ich würde mir wie gesagt ein wenig mehr Farbe, vielleicht durch Melanoidinmalz oder Münchner Malz wünschen. Das könnte dem Bier einen kernigeren Charakter, mehr Volumen und ein stimmigeres Gesamtbild geben. Allerdings verkleinert man dadurch die Zielgruppe für solch ein Bier. Alkoholfreie Dunkle gibt es nämlich bisher sehr, sehr selten.
Aber vielleicht geht es auch gar nicht so sehr um den „bierigen Charakter“ von Alkoholfreien? Denn den größten Boom verzeichnen alkoholfreie Mischgetränke – und die beschränken sich längst nicht mehr uf ein alkohlfreies „Zitronen-Radler“. Alkoholfreies mit Holunder, Grapefruit und vielen anderen Aromen buhlen um die Gunst der Kunden. Und die kommen – darf man einer Pressemeldung von Franziskaner auf dem Portal presseportal.de glauben – immer häufiger von alkoholfreien Getränken wie Apfelschorle oder Softdrinks: Der Absatz von Wasser, Schorlen, Limonaden usw. nimmt demzufolge ab, die Kunden wechseln wohl zu alkoholfreien Biervarianten. Der Markt für alkoholfreie Biere bleibt spannend, auch wenn er in Zukunft vielleicht immer unbieriger wird …
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