Ich möchte das heutige Bier des Tages mal mit einer „provokanten“ Frage eröffnen:

Wie braut man Bier?

Klar, ich weiß, wie man Bier braut. Man braucht geschrotetes Malz, das mit Wasser eingemaischt wird. Dabei muss die Maische auf bestimmten Temperaturstufen eine definierte Zeit „rasten“, damit sich Zucker aufspalten, Enzyme aktivieren usw. können. Dann wird die Maische filtriert (abgeläutert), also vom Malztreber befreit. Diese Würze wird nun zusammen mit dem Hopfen gekocht, um zum einen die erwünschten Hopfenbestandteile zu lösen und unerwünschet Bestandteile der Bierwürze auszufällen. Nach dem Kochen werden diese Trubstoffe ausgefiltert und die Würze auf die Arbeitstemperatur der Hefe gekühlt. Danach folgen noch die Haupt- und die Nachgärung. Und siehe da, das Bier ist fertig. Grob gesagt kann man den Brauprozess auf diese Schritte reduzieren. Das muss ich hier eigentlich kaum jemandem weiter erklären.

Steinweisse

Aber wie löst man die einzelnen Schritte technisch? Gewerbsmäßige Brauereien bestellen sich da maßgeschneiderte Sudhäuser von Spezialfirmen wie Kaspar Schulz in Bamberg z. B. Wie allerdings macht man das, wenn man sich kein Sudhaus „kauft“. Und wie haben das unsre Vorfahren früher gemacht? Als man über offenem Feuer kochen musste. Oder gar ohne Metallgefäße? Ehrlich gesagt finde ich solche Fragen hochinteressant. Wie kam man auf die einzelnen Schritte, die den Brauprozess heutzutage ausmachen? Welchen Weg hat das Bier vom vergorenen vorgekauten Getreidebrei bis hin zum computergesteuerten Sudhaus genommen? Wie haben technische Fortschritte das Brauwesen verändert. Und vor allem: Wie haben sie das Bier verändert?

Leikein Steinweisse

Einen solchen Einblick in vergangene Kulturtechniken liefert das heutige Bier des Tages. Denn die Leikeim Steinweisse verdankt ihrer Entstehung einem „technischen Problem“ beim Bierbrauen. Wie kann man die Bierwürze möglichst schnell und effektiv erhitzen, wenn keine direkte Befeuerung möglich ist? Also, z. B. wenn in einer Lehmgrube im Boden gebraut werden soll. Wie haben das also unsere Vorfahren gemacht? Ganz einfach, sie haben eine Art „Tauchsieder“ erfunden – sie haben Steine bis zum Glühen erhitzt und sie dann in die Würze getaucht. Nicht nur Bier wurde mit solchen Kochsteinen zubereitet. Und nicht nur in Lehrmgruben wurde so gekocht. Wikipedia sagt über die Kochsteine, dass sie die „die älteste Form des Kochens mit Wasser“ seien. Wie gut das funktioniert, zeigt ein Clip amerikanischer Hobbybrauer.

Wenn eine Kulturtechnik aus der Steinzeit bis heute benutzt wird, dann muss das einen Grund haben. Das bisschen Nostalgie alleine kann es nicht sein. Und auch das Alleinstellungsmerkmal „Steinbier“ kann es nicht sein. Schließlich war es ja nicht die Idee der Brauerei Leikeim alleine, Steinbier zu brauen. Vom Rauchenfels Steinbier bis zum Leikeim Steinbier war es ein langer und nicht unbedingt immer erfolgreicher Weg.

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Wie dem auch sei, es gibt das Steinbier und die Steinweisse in Franken wieder. Die Brauerei Leikeim hat das Steinbier als Spezialität wieder entdeckt. Die Steine werden wie in alter Zeit auf offenem Feuer erhitzt. Dann kommt der Korb mit den irgendwas um die 1000 Grad heißen Steinen via modernem Elektro-Flaschenzug hoch ins Sudhaus, wo sie in einen modernen Edelstahlkessel getaucht werden. Dabei karamellisiert der Malzzucker an den heißen Steinen und gibt dem Bier den speziellen Karamell- und Rauchgeschmack. Aber damit haben die Steine ihre Aufgabe noch nicht erfüllt. Nach der Hauptgärung kommen die Steine wieder ins Bier, um den für die Nachgärung nötigen „Zucker“ zu liefern.

Leikeim Steinweisse

Und das schmeckt man irgendwie auch. Gut, in meiner Erinnerung war das alte Rauchenfelser Steinweizen eine Sache für sich. Schwere Hefebrocken haben sich da vom Flaschenboden gelöst und sind haferflockengleich nach unten geschwebt, wenn man die Flasche umgedreht hat. Da ist die Leikeim Steinweisse „eleganter“, gleichmäßiger trüb. Farblich und optisch unterscheidet sich so eine Steinweisse nicht von anderen Weizen: bernsteinfarben und mit heller Schaumkrone. In der Nase hat man schon deutliche Karamell- und Malzaromen. Auch im Geschmack ist es deutlich malziger als andere Weizen. Anfänglich auch ein wenig süßlicher und fruchtiger, wobei dieser Eindruck langsam schwindet und einer deutlicheren Würze Platz macht. Also irgendwas zwischen fruchtigen Bananen- und Pfirsichnoten gepaart mit malzigem Karamell und einem leicht ins Bittere gehendem Finish. Das ist eigenständig, aber irgendwie erwartet man sich mehr davon. Oder zumindest erwarte ich mir mehr davon. Nicht so schlecht, aber mit dem Eindruck des legendären Rauchenfels Steinweizens im Hinterkopf „nur zweite Wahl“. Aber auch, wenn mich die Leikeim Steinweisse jetzt nicht vollends vom Hocker haut, so ist es trrotzdem gut, dass es das Bier gibt. Schließlich sind Steinbier und Steinweisse etwas, was es (fast nur) hier gibt. Nun ja, nicht nur. Im Österreichischen Brauhaus Gusswerk gibt’s auch ein Steinbier. Da fühlt man sich als Franke im „fernen Ausland“ fast ein wenig heimisch. ;-)

Leikeim Steinweisse

 P.S.: Mit den „Fußball“-Kappen der Bügelverschlussflaschen hat die Brauerei Leikeim ja eine echt witzige Idee gehabt. Und ich wette, dass es auch während dieser WM wieder genügend Kunden gibt, die deshalb zum Leikeim greifen. Jetzt müssten halt wieder ganze Kästen nur mit diesen Verschlüssen im Laden stehen …

P.P.S.: Wer jetzt Lust auf mehr fränkische Spezialitäte hat, für den hat der BR ein kleines Filmchen parat. Am Anfang geht’s auch ums Steinbier.