Gestern habe ich auf der Braukunst Live 2015 den Kollegen Torsten Purat vom Blog Hopfen-Craft getroffen und wir sind ein wenig „um den Block gezogen“. Unter anderem hatten wir uns über die Vielzahl an „Collaborations-Suden“ unterhalten. Manchmal könnte man ja in der Craftbierszene das Gefühl bekommen, jeder wolle gerade irgendwie mit jedem … Bei den konservativen, handwerklichen mittelständlern schaut es dagegen anders aus. Da gibt es solche Arten der Zusammenarbeit scheinbar seltener.
Allerdings gibt es neben der Zusammenarbeit von Brauern verschiedener Brauereien noch eine andere Art der „Collaboration“ – sozusagen eine „Zusammenarbeit“ der Biere. Oder vielleicht besser: Eine Mischung der Bierstile. „Cross-Over“ heißt das Zauberwort. Und was in der Musik zum Beispiel gang und gäbe ist, das gibt es natürlich auch beim Bier. Ein Beispiel für so eine „geschmackliche Zusammenarbeit“ verschiedener Bierstile ist das Weißbierpils der Brauerei Loscher aus Münchsteinach. Bei diesem Bier vereinen sich 53 % Weizen mit 47 % Pils zu einem Bier. Und zwar ziemlich erfolgreich, wie man auf der Loscher-Homepage sehen kann.
Allerdings muss man sagen, dass die Idee, diese beiden Biere zu vereinen, nicht so ganz aus Münchsteinach zu kommen scheint. Erfunden hat diese Biersezialität der Braumeister Hubert Brandl aus Pfaffenhofen an der Ilm – in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Brauereiwesen und Getränketechnologie im oberbayerischen Weihenstephan übrigens. Denn bei diesem Bier werden nicht einfach nur Weißbier und Pils miteiander verschnitten, nein beide Biere dürfen – wenigstens teilweise – zusammen gären. Zumindest kann man es so in einem Artikel des Focus aus dem Jahr 2005 lesen. Dort steht übrigens noch ein interessanter Satz: „Dass Brandl überhaupt eine Mischung aus obergärigem und untergärigem Bier auf den Markt bringen darf, verdankt er der EU. Die hob vor rund zwei Jahren ein entsprechendes Verbot im deutschen Biersteuergesetz auf.“
In der Mischung von Malzen und Hefen sind die deutschen Brauer nämlich alles andere als frei. Untergärig – also nach Pilsner Brauart – darf nur brauen, wer Gerstenmalz einsetzt. Kommt Weizenmalz ins Spiel verbietet sich per Gesetz der Einsatz untergäriger Hefen, denn andere Getreide als Gerste müssen nach dem deutschen Reinheitsgebot obergärig vergpren werden! Warum? Nun ja, das ist halt so … In der 1516er Regel stand das verhängnisvolle Wort „Gerste“ und deshalb darf untergäriges Bier beben nur mit Gerste gebraut werden. Logisch muss das nicht sein, es reicht, wenn es Tradition ist!Was übrigens immer noch gilt, denn laut Vorläufigen Biergesetz §9 (1) und (2) bestimmt immer noch das Malz, wie vergoren werden darf! Und wie gemischt werden darf, regelt der § 22 der Durchführungsverordnung zum Vorläufigen Biergesetz.
Ziemlich viel technischer und juristischer Aufwand für so eine Biermischung also. Aber „gelohnt“ haben wird sich der für den Erfinder schon. Laut Focus sollen 12 mittelständische Brauereien nach der Lizens für dieses Bier nachgefragt haben – auch, wenn es so manches Weißbierpils, das man bei einer spontanen Google-Suche findet, heute nicht mehr bekommt.
Bleibt die Frage, wie diese Mischung letztendlich schmeckt? Und was überwiegt – die Weizen- oder die Pils-Gene? Oder anders ausgedrückt: Besser das Weizenglas oder die Pilstulpe? Optisch passt es in beides. Schließlich gibt es mittlerweile genügend Keller-Pilsner, dass ein unfiltriertes Bier im Pils-Glas nicht mehr stört. Der Geruch ist interessant. Der Hopfen ist klar erschnupperbar, die Hefe aber auch. Da würde ich sagen: unentschieden. Geschmacklich … dominiert letztenendes das Weizen. Das kommt am Anfang schon schön heraus, leicht bananig, fruchtig und hefig. Dann macht es dem Pils Platz, wobei die hefigen Anteile bleiben und um die Bittere und das Hopfenaroma des Pilsners ergänzt werden. Im Pils-Glas übrigens mehr als im Weizen-Glas. Oder täuscht einen da die eigene Wahrnehmung? Jedenfalls ist das ganz nett, ein deutlich gehopfteres Weizen. Nicht schlecht, aber auch kein echtes Aha-Erlebnis. Oder sagen wir: Heute nicht mehr, 2005 vielleicht schon.
Was bleibt als Fazit? Ein paar Fragen und Einsichten jedenfalls: Dass die Regelungen bezüglich der Malzsorten und der Hefe nach heutigem Verständnis unverständlich sind und nur noch mit Traditionspflege begründet werden können. Bestenfalls! Dass man so ein Bier auch brauen könnte, indem man ein konventionelles Weizen ordentlich hopft. Dass das Bier nicht annähernd so „schräg“ ist, wie der Focus dachte. Oder zumindest heutzutage nicht mehr. Da hat die junge Craftbierszene das „Weipi“ längst überholt. Und vielleicht – passend zum Welt-Frauentag heute – noch, dass die „holde Weiblichkeit“ sich mittlerweile auch schon mehr Bierstile „erobert“ hat. Denn 2005 schrieb der Focus noch:
„Vor allem Frauen, so erzählt Brandl, seien von Anhieb an ‚wahnsinnig angetan‘ von dem neuen Bier. Das ‚Weipi‘ soll sich vor allem zum Szenegetränk entwickeln. ‚Das wäre doch toll, wenn jemand einen Caipi bestellt und ein Weipi bekommt‘, schwärmt der Bierkenner.“
Meiner weltbesten Biertestergattin sagte das Weipi dagegen leider gar nicht so zu. Da dürfte ich ihr eher mit einem ordentlichen Pale Ale oder IPA kommen. Die wären dann eher auch das, was man Szenegetränke nennen könnte.
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