Täuscht mich das, oder sind die belgischen Bierstile langsam bei uns „im Kommen“? Nicht, dass ich etwas dagegen hätte, schließlich kenne ich zwar das eine oder andere als Belgien, aber so richtig fit bin ich bei den unterschiedlichen belgischen Stilen nicht unbedingt. Nehmen wir zum Beispiel den Bierstil Biére de Saison. Schließlich hatte ich bei einem Tatstingabend unlängst im Café Abseits ein Biére de Saison von der Braumanufaktur Weyermann® in der Hand.
Beim Biére de Saison muss man aufpassen, denn googelt man die Begriffe, bekommt man zumindest auf Deutsch schnell mal alle möglichen saisonalen Spezialitäten wie Fest- und Weihnachtsbiere angeboten. Die haben aber mit dem Biére de Saison oder englisch Season Beer nichts zu tun. Beim Biére de Saison handelt es sich eigentlich um ein spritziges, leicht fruchtsäuerliches obergäriges Bier, das von den Belgischen Bauern in den kühleren (aber nicht zu kalten!!!) Monaten gebraut wurde, um es großzügig im Sommer an die Landarbeiter ausgeben zu können. Im Englischen nennt man solche Biere deshalb gerne auch „farmhouse beer„. Zudem wurden sie auch gerne ein wenig deutlicher gehopft, um die Haltbarkeit über den Sommer zu gewährleisten. War so ein Saison Bier früher eher leichter, damit die Erntehelfer nicht sofort bei der Arbeit in der Spätsommerhitze rotzbesoffen umfielen, darf es heute durchaus stärker daherkommen. Also eigentlich ist ein Biére de Saison so etwas wie bei uns ein Märzen … aber eben komplett anders!
Das Weyermann® Biére de Saison wuchtet zum Beispiel satte 6,0 % Alkohol mit ins Glas. Da möchte ich mir nicht vorstellen, wie sich die auf den Organismus auswirken, wenn man Ende August/Anfang September in der prallen Sonne bei der Ernte steht und seinen Durst mit diesem Bier bekämpft. Aber dafür haben die Belgier (und nicht nur die) ja erstens Maschinen und zweitens dünnwässrige alkoholarme Biere. Oder man trinkt überhaupt in der Situation Wasser. Ist eh besser!
Was beim Weyermann® Biére de Saison auffällt ist natürlich wieder mal der verschwenderische Malzeinsatz. Sechs verschiedene Malze geben dem Bier einen Teil seines Charakters, wobei es nicht nur streng „belgisch“ zugeht. Beim Hopfen kommen East Kent Golding und – einer, meiner heimlichen Lieblinge – Strissel Spalt zum Zug. Das ergibt ein mittelbraun-trübes Bier mit einer leicht säuerlichen Geruchsnote. Wie gesagt, beim Biére de Saison soll es ja so sein.
Das Ganze schmeckt für seine 6,0 % recht leicht und wie erwartet angenehm malzig. Dazu wirken der Hopfen und der Malzkörper angenehm fruchtig und die leichte Säure im Abgang steht dem Bier. Zwischendrin hat man sogar einen leicht „rosinigen“ Eindruck. Das ist wohl das, was in der Beschreibung des Biers als dunkles Karamell bezeichnet wird. Alles in allem trinkt sich das ganz nett, auch wenn so ein Biére de Saison im Vergleich zu anderen Bierstilen mit kräftigeren Aromen nicht so viel Eindruck hinterlässt. Und es ließe sich sicher noch lässiger trinken, wenn es draußen ein wenig mehr „Biergartenwetter“ wäre.
Allerdings hoffe ich darauf, dass der Altweibersommer noch kommt. Denn am besten soll das Biére de Saison laut Beschreibung der Braumanufaktur Weyermann® zu Apfelkompott passen. Oder vielleicht auch zu Apfelkuchen? Mit ein wenig Zimt? Schließlich sollen einige belgische Brauereien ihre Biére de Saison noch mit allerlei Gewürzen veredeln. Aber da muss man im September schon langsam aufpassen. Nicht, dass man es dann mit einem weihnachtlichen Gewürzbier verwechselt. Bis die ersten Lebkuchen im Supermarkt die Weihnachtssaison einläuten, dauert es sicher nicht mehr lang.
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