Wenn Bio nicht die alleinige Rettung auf dem Biermarkt ist, wie ich gestern ja schon mal anhand der Privatbrauerei Michael aus Weißenstadt angedacht hatte – was dann? Die Umstellung auf Bio funktioniert natürlich, wie z. B. der Erfolg der Neumarkter Lammsbräu zeigt. Allerdings dürfte der Markt für Bio-Bier kleiner als bei anderen Bio-Produkten sein. Dafür sprechen wohl zwei Hauptgründe:
- Wer Bio kauft, trinkt häufig insgesamt weniger Alkohol und damit auch weniger Bier. Schließlich leben Bio-Käufer zumeist bewusster und auch gesünder. Und regelmäßiger Alkoholkonsum gehört nicht unbedingt zu einem solchen Lebensstil.
- Wer nicht „eingefleischter Bio-Käufer“ ist, wird sich kaum veranlasst sehen, Bio-Bier zu kaufen. Wozu auch? Dank Reinheitsgebot ist das deutsche Bier ja „rein“ – was heißt, der Konsument unterstellt ihm sowieso eine Art „Bio-Qualität“ auch ohne Kontrolle und Bio-Siegel.
Ein anderer Trend auf dem Biermarkt sind die sogenannten Craftbiere. Die versprechen handwerkliche Braukunst – und entsprechen damit einem Bedürfnis „zurück zum Bier“. Das ist nicht neu, genauso wenig wie die Braukurse für Hobbybrauer. Nur waren die vor Jahrzehnten, als ich in die Hobybrauerszene eingestiegen bin, noch eher etwas für wirklich Bierverrückte. Heute sieht die Sache anders aus. Jede Brauerei, die etwas auf sich hält, öffnet die eigenen Pforten – oder die eine Schaubrauerei, um den Kunden endlich mal wirklich ans Bier zu lassen.
Den Weg geht man auch mit den Braukursen von Hermann’s Bierwerkstatt. Die Etiketten der Biere, die während dieser Kurse und auch sonst so entstehen, haben ein wenig den Charme von Hobbybrauereien. Selbst gemacht eben. Zumindest, was manche Formulierung angeht – z. B., wenn die Braumeistergarantie garantiert wird.
Selber kochen ist ja auch im Trend. Wobei mich an so manchem Braukurs etwas stört: Immer wieder lese ich einen Satz wie „Am Ende erhalten Sie ein Fass ihres selbstgebrauten Bieres„. Was natürlich nicht geht, außer der Kurs ginge fünf Wochen lang. Bier braucht aber Zeit – das muss ein Braukurs vermitteln können. Auf dem Flyer von Hermanns Bierwerkstatt liest man dementsprechend: „Der Kurs schließt mit einem Brauer-Zertifikat und einer
Kostprobe des letzten Kurses in der Bügelverschlussflasche ab.“ Und das könnte dann ein Bier wie Hermann’s Doldengold sein.
Unter einem Doldengold erwartet man ja irgendwie ein verdammt hopfiges Bier. Und ein goldenes Bier. Dafür ist die Farbe fast ein wenig dunkel geraten und die Trübung … Ich weiß, die Biere einer Brauwerkstatt müssen fast schon naturtrüb sein. Aber beim Namensbestandteil „Gold“ denke ich zuerst an glanzfeine Biere, da hat mich die Brauereiwirtschaft schon zu erfolgreich konditioniert. Geschmacklich hatte ich fast mehr Hopfen erwartet. Aber das Doldengold heißt wohl so, weil es mit Doldenhopfen gebraut wurde. Dass es deshalb „hopfiger“ sein müsse, ist ein Trugschluss. Aber auch da bin ich konditioniert, wenn auch diesmal von den Craftbrauern. Die leichte Süße des Malzes die leichten Bisquitnoten werden von einer feinen Hopfennote umspielt, dazu kommt noch die Hefe … kein schlechtes helles Kellerbier, das hier und da dank der Hefe fast schon ein wenig „weizig“ wirkt. Nur eben in Sachen Herbe und Hopfen hätte es nach meinem Geschmack ein wenig mehr sein können. Aber dafür haben die Cervecium-Biere eine Zutat auf ihren Etiketten, die in Zeiten seelenloser Industriebiere, die sich nur noch zwischen Edelstahltanks und Druckleitungen hin und herbewegen und den Brauer höchstens bei der Probenentnahme fürs hauseigene Labor sehen, durchaus wichtig ist: ganz viel Liebe!
Und das sollte überhaupt DER TREND auf dem Biermarkt werden: Ein wenig mehr Liebe zum Bier. Beim Verbrauchern der sich wieder mehr dafür interessiert, was er trinkt und wie es hergestellt wird; bei den Brauereien, die sich auf handwerkliche Methoden besinnen und trotzdem neue Einflüsse aufnehmen; beim Handel, für den Bier ein Produkt mit Hintergrund und nicht nur ein billiger Kundenmagnet sein sollte – hach, das wäre es!
P.S.: Wer sich so einen Braukurs überlegt, sollte sich genau umschauen. Denn nicht jeder Kurs ist gleich „informativ“. Wer danach selbst brauen will, sollte sich bewusst für einen Kurs für Hobbybrauer entscheiden. Die erklären einem nämlich, wie man die technischen Prozesse beim Brauen zuhause mit haushaltsüblichen Mitteln umsetzen kann. Und wenn ein Kurs dann noch die Themen Hefegabe und Vergärung nicht nur theoretisch streift, wäre es ideal. Mein Braukurs ging damals über drei Termine: Ein Abend Theorie-Schulung, ein Brauabend in der Küche der VHS und ein paar Wochen später nach Gärung und Reifung ein gemütliches Beisammensein, bei dem die von den Braugruppen zuvor hergestellten Biere verkostet und diskutiert wurden. Aber wer nimmt sich noch so viel Zeit?
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