Halleluja, Fronleichnam ist’s! Das ist ja einer meiner Lieblingsfeiertage. Ich mag das mit der Prozession durch die Stadt, das Singen, die Figuren, die durch die Stadt getragen werden. Und weil es heute so feierlich ist, habe ich ein ganz besonderes Bier ausgesucht – den Amber Weizenbock von Andreas Gänstaller. Aber bevor ich euch erzählen kann, wie der schmeckt, muss ich ein wenig ausholen …
In der letzten Zeit hatte ich nämlich zwei interessante „Erlebnisse“ in Sachen Hefe. Gut, „Erlebnisse“ ist übertrieben … Zum einen habe ich kürzlich ein Bierseminar abgehalten. Und dabei kam die Frage auf, welchen Einfluss denn die Hefe auf den Geschmack eines Bieres habe. Vorbereitet, wie ich nunmal war, hatte ich ein untergäriges, dunkles Lager und ein obergäriges, dunkles Weizen zum Verkosten dabei. Da vergleicht man zwar ein wenig Äpfel mit Birnen, aber für einen ersten Eindruck des Einflusses der Hefe hat man durch diesen Vergleich bekommen können. Zum anderen hatte mein Braupartner ein Hefeweizen mit einer Ale-Hefe und fruchtigem Hopfen gebraut. Das Ergebnis war weizig, aber eben nicht wie ein typisches Weizen. Was uns zur Frage brachte, wie denn z. B. ein untergäriges Weizen schmecken würde. Worauf ich ihm zu erklären versuchte, warum das nicht dem Reinheitsgebot entspräche. Was nicht so einfach ist. Weil vor 500 Jahren der höherwertige Weizen als Brotgetreide gebraucht wurde, während die dafür ungeeignetere Gerste zum Brauen verwendet werden durfte, und weil das obergärige Brauen mit Weizen sozusagen „staatlich monopolisiert“ war, gibt es auch heute keine untergärigen Weizenbiere.
Oder sagen wir, fast keine … Da, wo das gestrenge Auge der Brauerbünde nicht hinschaut – und wer will, darf sich das jetzt bildlich wie Saurons Auge im Herrn der Ringe vorstellen –, da gedeihen tatsächlich untergärige Biere mit Weizenmalz. Hobbybrauer verwenden z. B. gerne eine Schippe Weizenmalz hinzu, um die Schaumstabilität zu verbessern.
Nun ist der Amber Weizenbock ein Bier aus der „XL-Serie“, was in dem Fall nicht „extra large“, sondern so etwas wie „experimentelle Lagerbiere“ bedeutet. Und „Lager“ … sind untergärig, „bottom fermented“.
Und damit ist der Amber Weizenbock mit seinen 18,5 % Stammwürze und 8,1 % Alkohol ein echter Glücksfall für alle Hobby-Sensoriker. Nicht alleine wegen der mit Verlaub geilen Farbe! Nein, mit einem solchen Bier kann man zwei interessante Fragen „beantworten“:
1. Welche Aromen kommen bei einem Weizen von der obergärigen Hefe?
2. Welche Aromen bewirkt das Weizenmalz?
Im Vergleich zu einem obergärigen Weizenbier fehlen dem Gänstaller Amber Weizenbock tatsächlich die typischen Bananenaromen. Zumindest fallen sie nicht auf, denn der Amber Weizenbock ist schon verdammt fruchtig – aber dafür zeichnen amerikanische Aromahopfen verantwortlich. Aprikosenaromen, Mango, Maracuja (?) und Pfirsichnoten wehen einem in die Nase und sind ebenso auf der Zunge präsent. Wow! Das ist verdammt lecker! Und weil wir grade beim Hopfen sind: 30 Bittereinheiten hat der Amber Weizenbock – und man schmeckt sie nicht, denn der volle Malzkörper und die hopfige Fruchtigkeit maskieren sie völlig. Und weil wir grade beim vollen Malzkörper sind, fällt noch etwas auf: Der Amber Weizenbock ist unheimlich „sämig“, hat ein samtig-volles Mundgefühl, wie sie andere bernsteinfarbene Biere (und auch nicht Böcke) nicht haben. Was darauf schließen lässt, dass dieses weiche, samtige Mundgefühl vom Weizenmalz herrühren könnte. Ein geschmacklich interessantes Bier!
Wenn es nach mir ginge, wäre es Teil der Brauerausbildung, auch mal so ein Bier zu brauen. Ich finde, man lernt dabei so einiges – auch wenn so ein Bier das gestrenge bayerische Reinheitsgebot „bräche“. Wer Glück hat, kann im Cafe Abseits noch eine Flasche Amber Weizenbock ergattern. Ein paar soll es noch geben. Ob dieser experimentelle untergärige Weizenbock jemals wieder gebraut wird, kann ich leider nicht sagen. Wünschen würde ich es mir ja: und wer weiß, vielleicht hilft ein wenig Beten am heutigen Feiertag ja, dass das recht unverständliche Weizenmalzverbot bei untergärigen Bieren irgendwann fällt.
P.S.: Das selbst sonst echten Befürwortern des Reinheitsgebots die Unterscheidung von ober- und untergärigen anhand des verbrauten Malzes schwer fällt, zeigt ein Artikel im Brauerei Forum (Jan/Feb 2015). Dort fordert Dr. Peter Lietz im an und für sich das Reinheitsgebot streng verteidigenden Artikel „Craft-Biere vs. deutsches Reinheitsgebot – ein Widerspruch?“
„Weiterhin sollte nicht mehr zwischen ober- und untergärigen Bieren unterschieden werden, sondern die Verwendung von Bierhefe der Art Saccharomyces cerevisiae vorgegeben werden, die nicht durch molekularbiologische Methoden in ihrem Leistungsspektrum verändert wurde. Durch die Mitverwendung z.B. von Weizenmalz und anderer vermälzter Getreidearten könnte in Zukunft die Rohstoffpallette zur Herstellung untergäriger Biere auch in deutschen Brauereien wesentlich erweitert werden.“
Vielleicht werden meine Gebete erhört. ;-)
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