Tja, und schon hat einen der Alltag wieder. Gestern noch in Pale Ales, Barley Wines, Eisböcken und Double Wit-Bieren aus Franken geschwelgt – und heute geht’s wieder rund, weshalb ich mir die Aufarbeitung der Braukunst Live 2014 für einen anderen Tag aufheben muss.
Allerdings hat in die Braukunst Live in meinen Augen ein paar „vorsichtige Trends“ gezeigt. Neben der Beschäftigung mit für uns neuen Bierstilen wie IPA, Wit-Bier, Barley Wine, Pale Ae usw. gibt es natürlich auch die Suche nach und die Neuinterpretation von alten Sorten und Brautechniken wie z. B. Gose, Berliner Weisse und anderen. Und dann sieht man hier und da noch etwas, was ich die Entwicklung eines eigenen deutschen Craftbierstils nennen würde. Oder sagen wir es vieleicht so: Man sieht, wie Ideen der Craftbier-Bewegung langsam auf unser aller urtypischste Biersorte übergreifen: auf das Pils!
Nun ist in dem Fall die Klosterbrauerei Weißenohe vielleicht ein schönes und schlechtes Beispiel zugleich. Zum einen sind Biere wie das Green Monkey Polaris eindeutig von den Trends der Craftbier-Szene beeinflusst. Schließlich gehört Polaris zu den Hopfensorten, die gerade durchaus angesagt sind. Zum anderen sind die Weißenoher aber auch so etwas wie Craftbier-Pioniere – und zwar ganz traditionelle. Bei der Klosterbrauerei Weißenohe gibt es schon seit Jahren z. B. einen fassgelagerten Bock – und zwar in gepichten Holzfässern gelagert. Modern und traditionell zugleich. Schließlich wird auch beim gepichten Holzfass das Bier verändert, wenn auch ganz anders als beim ungepichten Fass. Auch ihre Gewürz- und Gruitbiere sind aus uralten einheimischen Traditionen entstanden. Wenn nun also ein Pils hopfengestopft wird, dann nicht etwas, weil man auf einen neuen Zug aufspringen würde, sondern weil auch das Hopfenstopfen in unseren Breitengraden eine Tradition hat – oder sagen wir hatte. Denn genauso, wie es vor hunderten von Jahren üblich war, Biere mit Gewürzen festlicher und feierlicher zu machen – oder Bierfehler damit zu überdecken, so war es auch üblich, Biere nachträglich noch ein wenig „aufzuhopfen“. Neu am Green Monkey ist also nur der Hopfen Polaris.
Der gehört zu den neuen Flavour-Hops, den neuen Hopfensorten, die im Geschmack jenseits der traditionell grasigen oder blumigen Richtungen liegen. Gemeinhin ist Polaris als „Gletschereis“-Hopfen bekannt, wobei er neben Pfefferminz-Aromen auch fruchtige Noten zeigt. Was man wiederum am Green Monkey Polaris sehen kann. Das kommt zwar ein wenig trüb für ein Pilsner daher, fällt aber sonst optisch nicht groß aus dem Rahmen. Bei dem Bier soll es ja auch um die inneren Werte gehen, nämlich den Hopfen. Und da kommt dieses Minzaroma vielleicht nicht brachial gleich im ersten Moment, aber es kommt. Da gibt es mit dem Green Monkey Polaris zu einem „einfachen Pils“ – zumindest meinte der freundliche Getränkehändler das – unterschwellig und vor allem bis in den Abgang und Nachhall hinein diese frische Gletschereis-Note. Da bekommt das Pilsner – in der Craftbierszene gilt das ja mit als langweiligster und eintönigster Bierstil – einen neuen „Touch“. Schließlich hat so manche Großbrauerei den Kunden in den letzten Jahrzehnten abtrainiert, eine ausgeprägte Hopfenaromatik zu „fordern“. Ein Bier wie das Green Monkey Polaris gibt dem Pils also wieder Geschmack zurück. Es ist zudem nicht zu auffällig – obwohl ich ja gerade das Wortspiel mit Monk und Monkey bei einer Klosterbrauerei liebe! – und vor allem nicht unsüffig.
Schade nur, dass solche Biere auf der Braukunst Live ein wenig untergehen. Sie zeigen für mich eine Richtung hin zu „deutschem“ Craftbier, die immer wieder auch bei den Podiumsdiskussionen auf der Braukunst Live gefordert wurden. Da sage ich: Es passiert schon einiges und vor allem auch schon länger, man muss nur hinschauen. ;-)
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