Puh, so eine Biermesse wie die Braukunst Live ist schon kein Spaß! Das ist wirklich harte Arbeit, ein echter Marathon der Aromen, Genüsse, Gespräche und, und, und. Da jetzt ein erstes Fazit ziehen zu wollen, fällt einem gar nicht so leicht. Zumal dieser (für mich erste) Tag Braukunst Live von den interessantesten und zum Teil widersprüchlichsten Eindrücken geprägt war. Ein im wahrsten Sinne des Wortes „verrückter“ Tag.

Für „verrückt“ mochten mich sicher auch zahlreiche Menschen gehalten haben, die mir gestern über den Weg gelaufen sind – oder für jemanden, der einer wie auch immer gearteten karnevalistischen Vereinigung angehört. Denn anders, als dass ich als Pirat auf einen Faschingszug gehen wolle, kann man sich die Geschichte mit dem dreieckigen Hut nicht erklären. Oder eben, dass da ein „Verrückter“ unterwegs ist.

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„Verrückt“ war auch manches, was man auf der Messe selbst erleben kann und konnte. Da wären zum Beispiel jüngere Erwachsene, die sich vor Besuch einer BrauKUNST-Messe mit Warsteiner aus der Dose oder Pilsner Urquell (immerhin Premium-Partner der BKL2014) aus der Flasche „aufwärmen“ oder die, die im Shuttlebus zur Messe die in ihren Augen zu erwartende niedrige Frauenquote bemängelten. Ich habe mir dann verkniffen, sie auf die Barley’s Angels hinzuweisen. Ich schätze, sie hätten mich sonst für „verrückt“ erklärt.

„Verrückt“ war sicherlich auch der Ansturm auf die Messe. Für den Weg vom Tor bis zur Kasse stand ich eine geschlagene dreiviertel Stunde in der Schlange. Klar, ich „Verrückter“ habe mir ja keinen „Presse-Ausweis“ geben lassen. Hätte ich vielleicht machen sollen …

Endlich mal in der Messe ging es munter so weiter: Mal abgesehen, dass es in meinen Augen schon ein wenig „verrückt“ ist, wenn sich Leute mit mir fotografieren lassen wollen – DANKE! Es ist mir zwar ein wirklich peinlich, aber trotzdem ist es auch cool!!! –, oder man sich plötzlich in einem sehr vertieften Gespräch mit Brauern wie Georg VI. Schneider über die Zukunft des Biers und  das Jahr 2016 wiederfindet, gibt es natürlich auch die „verrücktesten“ Geschmackseindrücke. Ich bleibe mal bei der Schneider Bräu, die für die anwesenden Bier-Blogger ein kleines Tasting mit Bier und Schokolade organisiert hatte. Der Austausch untereinander war sehr interessant und auch die Schokoladen-Bierkombinationen – und das sage ich jetzt nicht nur, weil die Schokolade aus der Confiserie Storath aus Stübig bei Scheßlitz kam. Man sieht es halt immer wieder: Selbst in der Stadt von Feinkost Käfer und Alfons Schuhbeck kommt man nicht um uns Franken rum. Verrückt, eigentlich, oder? Am interessantesten fand ich die Paprika-Schoko-Praline zusammen mit Schneiders Sommerweisse. Die Kombination aus Paprika und Schokolade war hingegen für manchen Kollegen dann doch ein wenig zu „verrückt“.

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Genauso, wie man für manche Biere mehr als nur ein wenig „verrückt“ sein muss. Bei der Kombination „Brauer“ und „verrückt“ verweise ich gerne auf einen Brauer, den ich wirklich sehr schätze und dessen Biere ich mehrheitlich einfach liebe! Ich sage nur Andreas Seufert! Ja, das Mastermind der Pax Bräu in Oberelsbach. Wenn man sich dessen Bierkalender für dieses Jahr anschaut, kann man eigentlich nicht anders, als den Kopf zu schütteln. Ein belgisches Double, ein Imperial Chocolate Mint Stout, ein Biere Blanche, ein Barrel Aged Braggot (aus Hafer, Emmer, Rauchmalz und jungen Rhöner Tannentrieben) … Das ist schon „verrückt“, was Andreas so braut. Da macht sein Februar-Bier keine Ausnahme. Im Gegenteil! Für diesen Monat hat er ein „Doppel-Wit szechuan Style“ mit dem klingenden Namen „From Asia with Love“ im Programm!

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Nichts für konservative Bierfreunde! Das muss man so sagen.

Das fängt schon mal damit an, dass er dem eigentlich eher leichten belgischen Wit-Bier eine „Stärkekur“ verpasst hat. So ein Wit-Bier – sozusagen ein belgisches Weißbier, das mit Orangenschalen und Koriander gewürzt wird – ist ja eher ein leichtes Sommerbier. Also rauf mit der Strammwürze auf 18,5 ° Plato statt der schlanken 11,5 ° Plato, die sein Biere Blanche normalerweise hat. Das alleine ist schon „verrückt“, aber damit gab sich der Brauer nicht zufrieden. Denn zum „närrischen“ (man könnte auch „verrückten“ schreiben) Faschingsmonat Februar dachte er sich, wie es wohl wäre, die Schale der Curacao-Orange, den Koriander und den Szechuan-Pfeffer mit „dem Brizzeln von Ingwer, der zitronigen Frische von Zitronengras“ und „der aromatische Schärfe des Capsicum chinense (Habanero)“ zusammenzufügen.

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Wie gesagt, nichts für konservative Bierfreunde. Für die klingt so ein „verrücktes“ Rezept eher nach einer Anleitung zum Kochen als zum Brauen. Und ehrlich gesagt hat das Ergebnis sehr wenig mit dem zu tun, was man landläufig als Bier bezeichnet. Rechtlich darf man so ein Bier ja auch nicht als „Bier“ bezeichnen. Aber mal ehrlich, ich bin doch nicht so „verrückt“ und schreibe jetzt jedes Mal „alkoholhaltiges Malzgetränk“ stattdessen. Dieser Essay wird doch eh schon viel zu lang. Dann wäre doch kein Mensch mehr so „verrückt“, das alles zu lesen.

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So, jetzt aber endlich zur Beschreibung dieses Bieres. Am ehesten kann man sich sicher an die Farbe gewöhnen: Bernstein-trüb ist es, nicht zu spritzig – ich denke auch, es ist ein wenig dunkler als sein Bière Blanche, aber was soll`s.

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Beim Geruch wäre man als „Bier-Normalo“ dann schon irritiert. Als „Bier-Verrückter“ wundert man sich weniger, denn Koriander, Ingwer und vielleicht sogar auch die Chili sind neben zitronigen und malzigen Aromen nun nicht so außergewöhnlich. In Sachen Geschmack ist der erste Eindruck Süße! Da macht sich vielleicht die höhere Stammwürze bemerkbar, wobei der Restextrakt nur 4,5 % betragen soll. Man muss es also schon ein wenig süßer mögen, wenn man sich dem „From Asia with love“ widmet. Ist halt ein wenig mehr „Liebe“ drin! Allerdings ist das nicht alles, denn süßlichere Starbiere sind bei weitem nichts „Verrücktes“ mehr. Die Gewürze kommen neben der Süße schön heraus: der Koriander, der Ingwer … Letzterer ist nicht zu dominant, was mir sehr gefällt. Seit einem „verrückten“ Ingwer-Shortbread-Erlebnis bin ich ja in bei dieser Wurzel eher ein „gebranntes Kind“. Da aber ist er Teil des Ensembles, sticht nicht zu sehr hervor. Gefällt mir! Der Hopfen (Cascade), die Orangenschale und das Zitronengras dürfen auch mitmischen, aber der heimliche Star dieses verrückten Geschmackspotpourris ist die Habanero. Die spielt sich fruchtig und aromatisch leicht in den Vordergrund – und zwar richtig aromatisch, aber ohne – und jetzt wird es richtig „verrückt“!!! – die Schärfe zu zeigen, die man eigentlich erwarten würde und vor der man sich vielleicht sogar ein wenig fürchtet. Ich hatte ja in den letzten Jahren hier und da mal Chili-Biere, die im Abgang zum Teil ganz schön heftig „brannten“. Das macht das „From Asia with Love“ zwar auch, aber eben nicht so heftig. Irgendwie richtig verrückt!

Gut, ein wenig weniger Süße würde die „Drinkability“ dieses Bieres sicher erhöhen, aber von so einem Bier kippt man sich ja keine drei, vier, fünf Seidla am Abend rein. Dann wäre man ja „verrückt“ – sogar in meinen Augen!