Gestern hatte ich ja schon ein wenig über Bier und Tradition philosophiert. Tradition ist wichtig – allerdings ist das mit den Traditionen so eine Sache. Früher wurden biere ja ganz anders gebraut als heute. Nehmen wir mal die Sache mit dem Malz: Beim Mälzungsprozess wird das Getreide eingeweicht, zum Keimen gebracht und dann getrocknet. Das mit dem Einweichen und Keimen ist in unseren Breiten ja kein Problem, aber das mit dem Trocknen … naja, es gibt Sommer, aber selbst dann regnet es immer wieder. Also musste man anno dazumal mit Feuer nachhelfen. Feuer bedeutet rauch und Rauch im Malz bedeutet ein rauchiges Bier. Allerdings will heutzutage kaum einer mehr ein Rauchbier – schließlich hat sich in der Mälzerei einiges getan.
Bei der Pax Bräu in Oberelsbach hat man sich jetzt an ein Old Age IPA mit 7 % gewagt – ein IPA so, wie man es früher wohl getrunken haben könnte. Ein rauchiges IPA – und das ist schon mal eine Herausforderung für den Gaumen. Man hat ja ein Bild von einem IPA im Kopf bzw. auf dem Gaumen und das Pax Old Age IPA bricht damit. Wobei der Rauch beim Geruch wesentlich deutlicher ist als im Geschmack. Da ist es natürlich auch rauchig, aber ich finde, das Rauchmalz bindet sich in die Gesamtaromatik ein. Allerdings bin ich als Bamberger in Sachen Rauchbier andere Kaliber gewohnt. In Sachen Rauchmalz hat Andreas Seufert übrigens zu gleichen Teilen Rauchmalz von Weyermann® und von der Mälzerei Steinbach verbraut. Das finde ich gut, weil ich finde, dass die Rauchmalze durchaus einen eigenen Charakter haben. Bei den 325 kg Malz wurden satte 200 kg Rauchmalz verbraut. Da darf man das Raucharoma schon schmecken.
Wichtiger als das Malz ist der Hopfen. Und auch bei dem geht es traditionell zu: Golding und Fuggles gehörten wohl zu den frühen in England angebauten Hopfensorten. Also hat Andreas Seufert auch die Sorten verbraut. Apropos verbraut – ein modernes Sudhaus würde irgendwie nicht zu so einem Bier passen. Also hat er sich in einem Kommunbrauhaus in der Nähe „eingemietet“ und dort sein Bier gebraut – ganz ohne Technik wie Rührwerk … Ach was, Technik? Holzbefeuerung! Und Kühlschiff! Wer braut denn heute noch so? Wer sich das anschauen möchte. findet auf der Facebook-Seite der Pax Bräu eine Bildergalerie dazu. Daneben gibt es auch ein Video vom Hopfenseihen auf dem Kühlschiff.
Schenkt man sich jetzt so ein Old Age IPA ein, dann muss man schon mit der einen oder anderen Gewohnheit brechen. Da ist also als erstes das Raucharoma beim Malz, das dem Bier seinen eigenen Charakter gibt. Dann der Hopfen – das Bier ist deutlich gehopft –aber nicht so exotisch wie bei modernen IPAs amerikanischer Prägung. Die angepeilten 65 IBUs wirken dafür fast ein wenig zahm – da kommt jetzt das Malz wieder deutlicher zum Tragen. Die Süße vom Malz, eine leichte Fruchtigkeit vom Hopfen, das deutliche Raucharoma und die leicht brotigen Aromen des Malzes ergeben ein charaktervolles Bier, das nicht mehr viel mit einem modernen IPA gemein hat. Gerade das – so finde ich – macht den Charme dieses Bieres aus. Ein Charme, für den nicht jeder empfänglich sein dürfte.
Eine Sache muss man aber auf alle Fälle festhalten: Das Old Age IPA hat die Geschmacksgrenzen in Richtung Tradition und Geschichte verschoben. In einer Craftbierszene, die häufig nur auf noch modernere und angesagtere Hopfensorten schaut, ist dieser Rückschritt auch eine Art Fortschritt!
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