Ein Effekt dieses Projekts ist ja, dass ich „mein Franken“ immer besser kennen lerne und dadurch in gewisser Weise „traditioneller“ werde. Zum Beispiel trage ich immer wieder mal Tracht, aber eben „fränkische“, soll heißen ein weißes Hemd, eine rote Weste und eine dunkle Joppe darüber. Und natürlich darf der charakteristische Dreispitz nicht fehlen. Ich weiß, so richtig „bambergisch“ ist diese Tracht nicht, aber es ist gar nicht so leicht, an fränkische Tracht zu kommen.
Wenn man so will, „ertrinke“ ich mir sozusagen mein Franken. Wobei es ja „das Franken“ so nicht gibt. Franken ist und bleibt ein faszinierend kulturell-kleinteiliger Raum, in dem die verschiedensten Einflüsse zusammenkommen. Das sieht man nicht nur in der Architektur oder dem Dialekt, sondern auch – soweit rekonstruierbar – in den unterschiedlichen fränkischen Trachten.
Aber je intensiver ich mich mit solchen Themen wie Dialekt, regionale Kultur oder eben Tracht beschäftige, desto häufiger „stolpere“ ich über manche Sprüche, Feste, Pseudo-Taditionen oder Abbildungen auf Etiketten. Auf dem Etikett des Püls Bräu Landbier aus Weismain zum Beispiel gibt es eine Dreiergruppe: Ein Musiker in einer reich verzierten Lederhose mit lodengrünem Janker und hohem Hut und eine Frau in Dirndl, deren Tanzpartner eine verzierte weiße Hose mit hohen Stiefeln, eine rote Weste (?) und eine mit Stickereien verzierte Joppe und einen flachen, runden Hut trägt. Die drei stehen auf einer saftig-grünen Wiese, hinter der ein idyllisches Bergpanorama unter weiß-blau bewölktem Himmel aufragt.
Und da frage ich mich dann, wo in Franken das sein soll? Und wer so eine Tracht bei uns trägt? Normalerweise sind die fränkischen Hosen ja eben nicht so typisch bayerisch bestickt. Mal ganz abgesehen vom Bergpanorama. Das schaut mir alles ein wenig „zusammengeklatscht“ aus. So, als ob der Grafiker wenig recherchiert, dafür aber einfach mal ein paar Schicke Motive zusammenmontiert hätte, die das repräsentieren sollen, was man sich unter einem Landbier vorstellt. Was in diesem Falle irgendsowas ist, wie: „Der Schorsch walzt mit der Zenzi über die Alm und der Hias spielt zünftig auf.“ Oder was auch immer …
Auch beim 5 %-igen Inhalt bin ich auch ein wenig zwiegespalten. Das bernsteinfarbene, klare Bier mit dem Aroma wie frisch geschrotetes Malz – und zwar eine Mischung aus hellen und dunklen Malzen, Melanoidin kommt mir spontan in den Sinn – müsste man zwischen den hellen Sorten und dem deutlich dunkleren 1798er Kellertrunk einsortieren. Auf dessen Etikett sieht man übrigens schon eher einen „gestandenen Franken“ – in dunkler Joppe, mit roter Weste und Dreispitz und „das Ränzla“ schön rausgestreckt.
Geschmacklich hat mich das Landbier auch ein wenig an den 1789er Kellertrunk erinnert, nur eben „leichter“. Es zeigt schöne Malznoten, Röstaromen, es ist süßlich, ein wenig brotig … aber irgendwo immer kurz vor der Grenze zur „Wässrigkeit“. das macht es einerseits „lässig“ trinkbar, nimmt ihm aber andererseits auch ein wenig Charakter. Es wäre natürlich schön, wenn das Malz breiter, voller wäre, wenn die Röstaromen deutlicher hervorkämen. Aber dann wären wir wieder beim Kellertrunk. So aber ist es ein nettes bernsteinfarbenes Lager mit würzigem Abgang, das in meinen Augen ein besseres Etikett verdient hätte. Auf Plakatwänden wirbt die Brauerei Püls ja auch mit „echten“ Motiven aus der Region …
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