Und nochmal bleibe ich bei den Biermarken und Lohnsuden … und vor allem bei den „Problemen“ damit. Ich muss ja zugeben, dass früher die Welt für mich recht einfach und übersichtlich war: „Wer selber braut ist gut, wer brauen lässt ist schlecht. Wer klein ist, ist gut. Wer groß ist, ist schlecht!“ Aber so einfach wie in jungen Jahren ist die Welt leider nicht. Der ursprung der Bayreuther Schinner/Bürgerbräu liegt zum Beispiel in einer 1860 gegründeten Genossenschaftsbrauerei der Bayreuther „Beckenbrauer“. Waren in Bamberg nur Büttner und Brauer (die eigentlich immer beides waren) brauberechtigt, so war es in Bayreuth jeder „Vollbürger“. Die Bierbrauerei war nicht bestimmten Zünften vorbehalten, was besonders für die Bäcker attraktiv war, hatten die doch zum einen die Hefe für die Gärung im Haus und zum anderen das Recht, Bier zu verkaufen. Gebraut wurde in Bayreuth übrigens in einem Kommun-Brauhaus.
Wenn man so will war also in Bayreuth das eigene Sudhaus nicht die Norm. Gebraut wurde nicht dort, wo vergoren und ausgeschenkt wurde. Wenn jetzt seit 2008 nicht mehr selbst gebraut wird, sondern die Sude wieder von einem anderen Ort bezogen werden, hat das irgendwie ein wenig Tradition. Auch, wenn Lohnbrauen und Kommunbrauhäuser zwei Paar Stiefel sind. Aber vielleicht sind die „großen Lohnbrauer“ in Franken wie z. B. die Kaiser in Neuhaus ja sowas wie „moderne Kommunbrauhäuser“. Vielleicht ist die Idee, jede „Brauerei“ müsse – wie in guter alter Zeit – tatsächlich auch selbst brauen ja eine romantische „Schwärmerei“. Das eigene Sudhaus scheint ja nicht überall selbstverständlich gewesen zu sein.
Sei es, wie es mag. Eine endgültige Antwort habe ich nicht. Dafür habe ich einen Bock, den Markator der Schinner Bräu aus Bayreuth, gebraut bei der Kaiser in Neuhaus. Und auf dessen Etikett prangen seit jeher Schiffe. Was wiederum mehr als nur kurios ist, schließlich ist der Main in Bayreuth nicht schiffbar und eine „Marine“ brauchte der Markgraf von Bayreuth-Brandenburg sicher auch nicht. Nichtsdestotrotz leistete sich der Markgraf Georg Wilhelm im 17. und 18. Jahrhundert ein paar bis zu 18 Meter lange Fregatten mit Mini-Kanonen, die auf dem Brandenburger Weiher im Bayreuther Stadtteil St. Georgen Seeschlachten nachspielten. Ein protestantischer Markgraf, der einen Stadtteil nach einem katholischen Heiligen benennt und mitten im Land und meilenweit vom Meer entfernt Seeschlachten inszeniert – ich kann mir nicht helfen, aber sowas gibt’s nur in Franken!
Dunkle Bockbiere gibt es natürlich nicht nur in Franken. Und auch nicht nur in katholischen Gegenden. Mit seinen 7,2 % ist der dunkle Markator jedenfalls gut unterwegs. Und vom Aroma her ist das ein … absolutistischer Bock? Ein barocker auf jeden Fall, so verschwenderisch malzig ist er. Und zwar richtig malzig, süß, mit Karamell und Trockenfrüchten von Anfang an. Süß ist er und die Bitterstoffe vom Hopfen und dunklen Malz haben wahrlich genug zu tun, die Süße in Schach zu halten. Ob man mehr als einen davon braucht, ist sicher Geschmackssache. Wie gesagt, ein süßer, in barocker Malzfülle schwelgender Bock. Fast zu aromatisch für einen „protestantischen Bock“. Aber das passt zum Markgrafen Georg Wilhelm. Die 7,2 % schmeckt man übrigens nicht, aber man spürt sie recht schnell. Man muss nur aufstehen wollen, dann schwankt der Boden recht schnell wie auf einer Fregatte auf dem Brandenburger Weiher. das mit den schiffen auf den Etiketten sollte man ernst nehmen!!!
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