Wenn man sich fragt, warum der Bierkonsum in Deutschland jährlich rapide zurückgeht, dann gibt es viele Antworten. Seien es jetzt verfehltes Marketing, langweiliege Biere aufgrund des (R)einheitsgebots, das Rauchverbot in Gaststätten und Kneipen, die Gentrifizierung der Gesellschaft oder ein gesteigertes Gesundheitsbewusstsein – der Konsum an Bier sinkt und sinkt und sinkt.
Da schaut so mancher Brauer heute am St. Patricks Day vielleicht ein wenig wehmütig nach Irland (bzw. überall dorthin, wohin es irische Auswanderer verschlagen hat). Denn so ein nationaler Feiertag, bei dem wir Deutschen einander freuden- und vor allem biertrunken in den Armen liegen, fehlt uns irgendwie. Zwar hebt so ein bierselig begangener Feiertag wie St. Patricks Day den pro Kopf-Bierkonsum der Iren auch nicht über den deutschen Wert. Im internationalen Vergleich liegen sie noch hinter uns. Aber sind wir mal ehrlich: Geht das bei uns so weiter, ist das nur eine Frage der Zeit.
Nun würde ich den Nationalheiligen unserer irischen Bierbrüder (und -schwestern natürlich) am liebsten mit einem passenden Bier ehren. Was gar nicht so einfach ist, denn viele „lustige“ Bräuche sind in Deutschland schlich unmöglich. Bier grün zu färben, um damit aus den heiligen Patrick anzustoßen, kann sich in Deutschland – abgesehen von den Berlinern vielleicht – niemand so recht vorstellen. Genausowenig wenig, wie man in Deutschland Flüsse grün einfärben könnte. Wir haben schließlich Gesetze und Regeln, die es zu beachten gilt – beim Umweltschutz wie beim Bier. ;-)
Ein „fränkisches Guinness“ hatte ich auch nicht so schnell zur Hand, so es denn überhaupt eines gibt. Aber immerhin ein Stout fand sich in meinem „Testpool“, eines mit einem grünen Etikett noch. na also, das wäre doch was für den heiligen Patrick und seine Anhänger (beinahe hätte ich Nachkommen geschrieben, aber als Bischof hat man den ja eher weniger) von der grünen Insel. Dumm nur, dass die Distelhäuser Brauerei aus Distelhausen eines ihrer besonderen Biere für die diesjährige Braukunst Live Loch Ness Stout genannt haben. Loch Ness ist aber bekanntlich ein schottischer See und kein irischer. Was, wenn ich ehrlich sein soll, für mich ziemlich gleich ist. Für mich liegt beides irgendwo hinter Aschaffenburg weit außerhalb Frankens. Aber kam nicht die erste Aufzeichnung eines Monsters von Loch Ness aus der Vita des heiligen Columban? Der war doch auch ein schottischer Missionar. Und vertrieb der heilige Patrick nicht alle Schlangen und andere, ähnliche Ungeheuer aus Irland? Na also, ist doch auch fast das selbe. Außerdem werden dem heiligen Columban auch Bierwunder zugeschrieben.
Zumal der Loch Ness Stout einem Guiness durchaus Konkurrenz machen könnte: Äußerst lichtundurchlässige 255 EBC machen sich im Glas breit. Das könnte, wenn man sich zu intensiv damit beschäftigt, zum ersönlichen Schwarzen Loch werden – wobei man da sehr tief ins Glas schauen müsste. Mit „nur“ 4,7 % ist der Loch Ness Stout aus Distelhausen eigentlich recht zahm. Der Schaum zeigt dafür eine schöne Cremefarbe.
Aromatisch ist der Loch Ness Stout eine Wucht! Schon für die nase gibt es Aromen satt: Kaffee, Schokolade, dunkles Malz. Alles präsent, aber nicht zu aufdringlich. Schön! Und auf Zunge und Gaumen geht es so weiter. Schöne, dunkle Aromen, Kaffee, Röstnoten, aber auch eine schöne Hopfenblume. das ist wirklich lecker, vor allem wegen der schönen Röstmalzaromatik des Nachhalls. Der Trunk ist weich, das Bier süffig. Die Brauer seien selbst Stout-Liebhaber hieß es auf der Braukunst Live. Das Bier ist ihnen jedenfalls gelungen.
Nun könnte man sagen: Was nützt ein gutes Bier, wenn man es nicht vermarktet. Hätten die Distelhäuser ihr Bier nicht eher nach einem schottischen See, Berg oder gar nach Patrick selbst benennen sollen? Schließlich gibt es auch in Deutschland, ja sogar in Franken irische „Clans“, die heute kräftig feiern. Da hätte man so einen kleinen Sondersud schnell mal an einem Tag absetzen können. Bei Bockbieranstichen geht sowas ja auch. Aber wenn ich Wikipedia richtig zitiere, sollen zum St. Patricks Day die irischen Clans in Unterfranken zusammen mit ihren schottischen Brüdern feiern. Schließlich verbindet uns Franken, die Schotten und die Iren mehr als nur die Liebe zu Bier und bisweilen auch Hochprozentigem. Kilian, Totnan und Kolonat, die drei Frankenapostel, sollen ja auch iro-schottischer Herkunft gewesen sein. Oder woher auch immer. Irgendwo weiter hinter Aschaffenburg jedenfalls.
Für heute muss das reichen.
Noch keine Kommentare