Beim Deutschen Brauertag 2015 bin ich ja mit den unterschiedlichsten Leuten ins Gespräch gekommen. Bei einem dieser Gespräche ging es um die Lichtenberger Sonnenbräu. Bei der wird trotz gegenteiliger Angaben bei Boris Brauns Brauereiatlas und germanbreweries.com laut eigenen Aussagen am Telefon noch weitergebraut. Biere der Sonnenbräu gibt’s deshalb auch noch in den Getränkemärkten der Region, z. B. in dem, in dem ich kurz auf dem Rückweg von Berlin eingefallen bin. Weshalb ich euch heute etwas von der Sonnen-Weissen erzählen will.
Oder besser, ich will euch eine andere Geschichte erzählen, denn das mit dem Bier ist wirklich schnell gesagt. Das wirklich tieftrübe Bier – echt, so viel Hefe habe ich selten in einem Weizen gesehen – geht in eine eher „phenolige“ Richtung. Soll heißen: Würzige Nelkenaromen dominieren hier im Vergleich zu der sämigen Banane. So etwas würde ich durchaus zum Frühschoppen empfehlen, denn ich finde, dass zur Weißwurst – wenn man sowas mag – ein würziges Weizen eher passt als ein zu fruchtig-süßes. Interessant fand ich, wie sich der Trunk im Laufe eines Weizens „verändert hat“. Anfänglich fand ich den Abgang ein wenig zu dünn. Nach einem halben Glas eher „kellerig“ und am Ende immer mehr malzig bis fast bonbonhaft. Sowas habe ich bisher noch bei keinem Weizen erlebt …
Aber das ist nicht die Geschichte, die ich eigentlich erzählen wollte. Die Lichtenberger Sonnenbräu hätte nämlich das Potenzial für ein abendfüllendes Sat1-Epos. Mindestens! Was nämlich nicht viele wissen: Die Lichtenberger Sonnenbräu hat (oder hatte) einen Zwilling auf der anderen Seite der Grenze. Und die Geschichte geht so:
1851 erwirbt der Kaufmann und Gastwirt Peter Trier die Schwarzbacher Schloßbrauerei im fränkischen Teil Thüringens für seinen Sohn Emil Trier. Die Geschicke der Brauerei und der Familie Trier gehen so dahin, bis zum Ende des 2. Weltkriegs. Da wird 1949
die Brauerei, die damals den beiden Brüdern Otto und Fritz Trier gehört, entschädingungslos enteignet. Fritz Trier blieb vor Ort in Schwarzbach, Otto Trier ging mit seiner Familie „auf die andere Seite“ nach Lichtenberg, wo er die dortige Sonnebräu erst pachtete und später auch kaufte. Auf die Art wurden auf beiden Seiten der Grenze z. T. die gleichen Biere gebraut. 1990 wurde die Schwarzbacher Schlossbräu zurückgekauft und Stück für Stück saniert und ausgebaut. So lässt es sich auf der Homepage der Schwarzbacher Schlossbrauerei lesen. Das ist, wenn man so will, eine Geschichte, die es so nur im geteilten und wiedervereinten Deutschland geben kann. Jedenfalls ließe sich aus der Geschichte der beiden Brauereien schon eine abendfüllende Schmonzette schnitzen. Aber das ist nicht mein Ding, das sollen andere machen. Ich habe für heute genug erzählt …
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