Ende 2013 verkündete der Deutsche Brauerbund stolz, dass das Bayerisch Reinheitsgebot wohl  bald als immaterielle Kulturerbe von der UNESCO anerkannt werde. Eine entsprechende Bewerbung habe man eingereicht. Damit könne das Verfahren bis zum Jubiläumsjahr 2016 abgeschlossen sein. Ein Argument für die Aufnahme ins immaterielle Weltkulturerbe war demnach die „Bewahrung einer althergebrachten Handwerkstechnik“ Und in der Pressemitteilung des Deutschen Brauerbundes konnte man weiterhin lesen: „Das Reinheitsgebot sollte Bier-Konsumenten vor der Verwendung billiger und zum Teil gesundheitsgefährdender Zutaten schützen und sicherstellen, dass nur hochwertige Rohstoffe verarbeitet werden. In Deutschland hat sich daraus über Jahrhunderte eine weltweit beachtete Braukunst entwickelt: Aus nur vier natürlichen Zutaten entsteht in über 1.300 deutschen Brauereien Tag für Tag eine weltweit einzigartige Vielfalt von über 40 verschiedenen Sorten und rund 5.000 einzelnen Biermarken.

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Nun ist es so, dass es durchaus viele Biere, die sich einerseits auf das Reinheitsgebot berufen, andererseits durchaus mehr Zutaten auflisten. Das alkoholfreie Weissbier, das für die Brauerei Hofmühl in Eichstätt gebraut wird, listet zum Beispiel neben Brauwasser, Weizenmalz, Gerstenmalz, Hopfen und Hefe auch noch Röstmalzbier, Hopfenextrakt und Gährungskohlensäure auf. Das widerspricht rein rechtlich nicht den Regeln des Reinheitsgebots, aber Zweifel bleiben. Und das sieht man bei der UNESCO wohl genau so. In einem Interview sagt Prof. Christoph Wulf, Vorsitzender des Auswahlgremiums, dass das Bierbrauen nach dem Reinheitsgebot in der dem Komitee vorliegenden Bewerbung leider nicht überzeugend dargestellt worden sei. Hier habe die Lebensmittelvorschrift zu sehr im Vordergrund gestanden. Außerdem sei „die Bierproduktion inzwischen sehr industriell geprägt„. Kurzum, es geht eben nicht mehr um den Menschen als Wissensträger, sondern eher um wirtschaftliche Gründe.

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Indem die Brauerbünde Biere wie das besagte Hofmühl Weissbier Alkoholfrei unter den Schutz des  Reinheitsgebots gestellt haben, haben sie das Gebot, das sie stärken wollten, vielmehr geschwächt. Gerade solche Biere sind es wohl, die dem Auswahlgremium besagte Bauchschmerzen bei der Aufnahme ins immaterielle Weltkulturerbe bereiten. Wozu braucht es den Farbstoff Röstmalzbier? Gut, das Hofmühl Weissbier alkoholfrei ist satt dunkel-honigfarben. Aber wäre der Farbton ohne Röstmalzbier „schlechter“ gewesen?

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Immerhin sorgt wohl der Hopfenextrakt dafür, dass duieses alkoholfreie Weizen nicht ganz so derb-süß ist. Leider fehlt es auch hier an Vollmundigkeit, wobei es immerhin mit einer leichten Rauchigkeit im Malz und ordentlicher Hefe punkten kann. Es gibt geschmacklich schlechtere, flachere und süßere alkoholfreie Weizen. Aber das ist der Punkt! Wie „handwerklich“ und „traditionell“ ist so eine Bier? Die Gärungskohlensäue macht es spritzig. Ohne sie ließe die Rezenz bei wahrscheinlich gestoppter Gärung zu wünschen übrig. Soll heißen: Handwerklich und nur mit Wasser, Malz. Hopfen und Hefe gebraut würde das alkoholfreie Hofmühl Weissbier nicht annähernd so brauchbar schmecken. Mit all den „chemischen und physikalischen Zaubertricks“ hat es aber nicht mehr viel mit der Bewahrung und der kreativen Weiterführung des Reinheitsgebotsgedankens gemein. Das scheint man bei der UNESCO genauso zu sehen. Jetzt sind die Brauerbünde und die Brauwirtschaft gefragt, bei der Bewerbung und bei der Anwendung des Reinheitsgebots nachzubessern. Und es geht der UNESCO ausdrücklich nicht darum, dass kreative Brauer mit alternativen natürlichen Zutaten brauen wollen! Das Auswahlgremium rügte explizit die industrielle Ausprägung der Bierproduktion! Wollen die Brauerbünde „das Reinheitsgebot“ als schützenswert anerkennen lassen, müssen sie es selbst schützen! Und das heißt, die industriell notwendige Zusatzstoffliste auszudünnen. Denn handwerkliche Brautradition wäre sehr wohl schützenswert! Nur stehen die Brauerbünde – vor allem der bayerische – hier wohl zu sehr aufseiten der Brauindustrie. Und mit der geht das Reinheitsgebot baden …