Ich hatte ja bei der gestrigen Geschichte zum Distelhäuser 26° den „Schlaaaaaandfaktor“ eines Bieres angesprochen. Und prompt wurde ich gestern gefragt, was das denn überhaupt sein soll, so ein „Schlaaaandfaktor„? Wer sowas ins Spiel bringt, ist in SAchen Definition auch in der Bringschuld. Also gut!
Der Schlaaaaandfaktor (die Schreibweise variiert zwischen einem und je nach Trunkenheitsgrad unendlich vielen „a“) eines Bieres wird im wesentlichen durch vier Parameter bestimmt, die je nach lokaler Gegebenheit unterschiedlich gewertet werden können:
1. Das Bier muss eine hohe Plastikbechertauglichkeit besitzen. (Nur bei Public Viewing draußen)
2. Das Bier muss beim plötzlichen Hochreißen der Arme während spannender Spielphasen über gute Flugeigenschaften verfügen. Ein hoher Schlandfaktor wird hier durch eine geschlossene Anfangsflugphase und ein feines Zerstäuben und gleichmäßiges Abregnen erzielt. Klare Biere erlangen hier wegen nichtvorhandener Trubstofftrockenreste eine höhere Bewertung.
3. Das Bier muss geschmacklich austauschbar sein. Schließlich ist eine durchgängige Versorgung mit Bier der selben Marke und Sorte von zu Hause bis zum Public Viewing und darüber hinaus im Regelfall nicht gewährleistet.
4. Damit zusammen hängt die Forderung nach höchster geschmacklicher Neutralität, um geruchliche Belästigungen beim Wiederausscheiden an dafür vorgesehenen Orten (unwahrscheinlich) oder anderswo (wahrscheinlich) weitgehend zu vermeiden. Hier hat sich gezeigt: Je mehr der Geschmack dem von Wasser gleicht, desto neutraler ist die Folgebelastung.
5. Der Alkoholgehalt ist so zu wählen, dass der durchschnittliche „Schlaaaaaaaaaaaaand„-Benutzer für längere Zeit (90 Minuten Spiel plus Verlängerung plus Elfmeterkrimi) eine übereuphorisierende Wirkung verspürt, ohne dabei jedoch einen vorzeitigen Kompletausfall befürchten zu müssen. Etwaige Folgeschäden können unberücksichtigt bleiben.
6. Zugleich begünstigen überschaubare Investitionen einen hohen Schlaaaaandfaktor. Da das Bier bei unerwartet spannendem Spielverlauf in den seltensten Fällen auch getrunken wird, ist für eine gleichmäßige bis ansteigende Alkoholwirkung eine hohe Nachschubfrequenz vonnöten. Die dadurch enstehende finanzielle Überbelastung muss verschmerzbar erscheinen.
Am besten lässt sich das anhand des heutigen Bier des Tages zeigen. Ein Bier wie das Turmherren Pils, laut Etikett vertrieben von der Eltmänner Weiss Rössl Bräu, gebraut von der Brauerei Kaiser in Neuhaus, zeigt einen hohen Schlaaaaaaaaaaaaandfaktor. Es ist ein „Billigbier“. Damit eignet es sich vor allem für den Weg zum Public Viewing. Schließlich muss man während des gemeinsamen Events zumeist überteuertes Bier trinken. Das Turmherren Pils erlaubt hier eine finanzielle Kompensation. Seine 4,9 % Alkohol sind vollkommen durchschnittlich. Soll heißen: Macht „lustig“, haut dich aber auch nicht gleich um. So muss ein Bier mit einem hohen Schlaaaaaaaaaandfaktor sein. Geschmacklich ist das Bier eigentlich völlig langweilig!!! Aber was bei einem normalen Biertest zur Abwertung in die Mittelmäßigkeit führen würde, ergibt hier gerade einen hohen Schlaaaandfaktor. Der anfänglich kurz süße Antrunk, die deutliche Hopfenbittere, der schlanke, ein wenig wässrige Körper … das ist ideal! Denn egal, was man vorher getrunken hat oder auch nachher trinken wird, es wird sich kaum ein großer geschmacklicher Kontrast ergeben. Gut, es wirkt ein wenig unharmonisch, unrund … aber dieses Gefühl wird nur so lange wahrgenommen, wie der eigene Euphorie- bzw. Alkoholpegel ein bestimmtes Maß noch nicht erreicht hat. In der Realität sprechen wir hier von der Distanz Supermarktkasse bis zur nächsten Straßenecke. So what?!?!
Was ich im Rahmen meines Biertests leider nicht selbst überprüfen konnte, waren die Flugeigenschaften des Biers, die daraus resultierende Fleckenneigung und die geruchliche Belastung durch widerrechtliche Ausscheidung in Hauseingängen, an Grüngewächsen o. ä. Die Konsequenzen in den heimischen vier Wänden – wiewohl unangedroht, aber trotzdem nicht unvorhergesehen – durch die weltbeste Biertestergattin haben mich davon abgehalten. Ich kann mir aber aufgrund der klaren, gelben Pils-Farbe vorstellen, dass die Fleckenneigung nicht übermäßig ausfällt. Der ordentliche Schaum im Bierglas – ich besitze leider keine Plastik-Bierbecher – lässt darauf schließen, dass sich auch im Becher ein Mindestmaß an Schaum hält, der beim Hochreißen der Arme für eine feine Bierverteilung und damit volle Punktzahl bei den Flugeigenschaften sorgen würde. Und was die geruchliche Ausscheidungsbelästigung angeht .. ach was soll’s, ich habe für heute Morgen eh schon genug herumgesponnen. Eigentlich wäre das Turmherren Pils so eine lange Kolumne gar nicht wert gewesen. Prost!
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