Das gestrige Scherdel Edelhell soll ja auf eine über 75-jährige Tradition zurückblicken. Gut, das klingt jetzt erst mal nicht weltbewegend, aber, bedenkt man, dass das Rezept zu dem Bier aus den 1930er Jahren stammt, dann sieht es schon ganz anders aus. Retro-Biere sind ja sowieso so ein Trend, zumindest hier in Franken. Da werden munter alte Biermarken wieder aufgelegt (z. B. Grüner durch Tucher, Bayreuther Hofbräu durch Maisel oder Weller in Erlangen) oder pseudohistorisch wirkende geschaffen (Braumanufaktur Alt-Bamberg durch Kaiserdom). Hauptsache, es sieht urig aus und verströmt eine Aura der Tradition. Eben so, wie in der guten alten Zeit, als der Biermarkt ein echter Boom-Sektor war und nicht wie heute ständig in der Krise. Selten aber steckt hinter dem ganzen historischen Aktionismus mehr als reines Marketing.
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Und dann habe ich ein Bier wie das Jubiläumsbier der Brauerei Meusel aus Dreuschendorf bei Buttenheim in der Hand. „… das helle Landbier – gebraut wie zur guten alten Zeit„, steht da auf dem Etikett. Das mutet im ersten Moment auch wieder wie so ein typischer Marketingspruch an. Aber die Brauerei Meusel verweigert sich ja jeglichem Marketing, macht keine Werbung, beliefert keine Getränkemärkte, hat ja nicht mal einen Facebook- oder Internetauftritt. Wann es welchen Sondersud gibt weiß man scheinbar – oder eben nicht. Das Jubiläumsbier gibt es, wenn ich es richtig verstanden habe, immer so um den Geburtstag des Senior herum. Aha. Gebraut werde das helle Landbier auch wie früher, also mit mehr Hopfen. Denn früher seien die Biere für besondere Anlässe durchaus stärker gehopft gewesen. Aha.
Gut, ich hätte mehr fragen bzw. mir notieren sollen, als ich da war. Zum Beispiel, ob das Bild auf dem Etikett die Brauerei und den Senior „früher“ zeigen. Und was denn genau dieses „früher“ meint. Eigentlich bräuchte ich zur Präsentation dieses Bieres mehr Informationen. Aber andererseits passt es so schön zu den Meusel-Bieren, dass es eben wenig Informationen dazu gibt. Wer bin ich, sowas ändern zu wollen.
Mit 5,2 % Alkohol ist das helle Landbier ein klein wenig stärker eingebraut. Als Märzen oder Export geht das golden-klare Bier trotzdem noch nicht durch. Vielleicht könnte man es am ehesten mit den westmittelfränkischen „Spezial-Bieren“ vergleichen.
Apropos klar: Bei einem „Bier wie zur guten alten Zeit“ – zumal mit so einem plakativen Ochsengespann auf dem Etikett – erwartet man ja vielleicht ein unfiltriertes Bier. Dem ist hier nicht so. Also scheint die „alte Zeit“ noch nicht allzulange her zu sein.
Das Bier selbst riecht ein wenig getreidig, spelzig – aber auch nach Hopfen. Der Geschmack ist breit, vollmalzig, der Hopfen kommt wie beim geruch eher mit Aromen von Stroh und Getreide daher. Das Jubiläumsbier ist aber, obwohl es ja stärker gehopft sein soll, nicht bitter. Eigentlich schmeckt es auch gar nicht so „speziell altmodisch“. Aber vielleicht liegt es daran, dass in Franken noch so einige Brauer „wie zur guten alten Zeit“ brauen. Schlecht schmeckt das vollmundige und gut gehopfte Jubiläumsbier jedenfalls nicht.
Ob und wann das aber jemand von euch wird nachvollziehen können, das ist beim Meusel eine ganz andere Sache. Da es das Bier nur um den Geburtstag des Senior herum gibt und ich nicht genau nachgefragt habe, wann das ist, bleibt mir als grober Hinweis nur: Im Frühling! Aber bei um die 30 saisonalen Spezialsorten, kann man sicher alle paar Wochen mal nach Dreuschendorf fahren. Irgendetwas Neues findet man sicher!
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