Ich habe ja neulich mehr Ehrlichkeit beim Bier gefordert. Und zwar von allen Seiten. Seien es jetzt die Brauereien, die Brauerbünde und auch von uns Konsumenten. Nehmen wir mal die Sache mit den Farbstoffen. Im Allgemeinen nehmen Konsumenten ja an, dass deutsche Biere nach dem Reinheitsgebot frei von Farbstoffen wären. Und die Brauerbünde, vor allem der Bayerische, unterstreichen dies auch gerne.
Die „Wahrheit“ ist freilich eine andere. Denn sind wir mal ehrlich: Nahezu bei allen Produkten der Lebensmittelindustrie wird mit Farbe nachgeholfen. Nicht immer mit künstlichen Farben, gerne auch mit Rote-Beete-Pulver oder anderen. Aber Farbstoff bleibt Farbstoff. Und alles, was einem Produkt nur zum Zwecke der Veränderung der Farbe zugeführt wird, ist streng genommen nichts anderes als ein Farbstoff. Freilich, FARBSTOFFE sind in deutschem Bier nicht erlaubt. Deshalb gibt es auch das sog. Röstmalzbier (früher auch Farbebier genannt), bei dem es sich natürlich nie im Leben um einen Farbstoff handelt, sondern … um eine Art Bier, die man dem Bier beim Brauen oder auch danach zugibt, um … Tja, sehen wir der Wahrheit ins Auge: UM BIERE ZU FÄRBEN. Da macht auch keiner einen Hehl daraus. Der Hersteller von Röstmalzbier Aspera listet eine ganze Zahl an Vorteilen von Röstmalzbier auf seiner Homepage auf. Keine Lagerflächen für teure Spezialmalze, einfacherer Einsatz, weniger Reinigungsaufwand bei den Malzförderwegen, schnelle und unkomplizierte Herstellung neuer Sorten oder die farbliche Einstellung der Biere, um die Kundenakzeptanz zu erhöhen. Und auch auf der Homepage der Mälzerei Weyermann® steht klipp und klar: „SINAMAR® eignet sich sehr gut zur Färbung aller Arten von Lebensmitteln wie z.B. Brot, Backwaren, Getränke (Bier, AfG, Tee), …“
Wie naiv müsste man als Verbraucher sein, um zu glauben, gerade bei einem Produkt wie Bier, bei dem die Farbe ein wesentliches Verkaufsargument ist, würde nicht gefärbt? Die Vorteile liegen ja wirklich auf der Hand. Eine dunklere Farbe ohne starke Röstaromen, eine konstante Farbe des Endproduktes auch bei wechselnden Rohstoffen, … Gründe für den Einsatz gibt es viele. Ungesund ist Röstmalzbier auch nicht. Warum also nicht? Schließlich kann der Kunde ja am Ende entscheiden, ob er ein gefärbtes Bier kaufen will oder nicht. Oder besser, er könnte es, wenn es denn wüsste, was er da kauft! Da liegt der Hund begraben! Seien wir doch ehrlich und schreiben auf die Etiketten das, was drin ist! Die Anzahl der Biere die mit dem Farbstoff Röstmalzbier gebraut werden, ist größer, als man denkt!
Im Falle des heutigen Bier des Tages, dem Rawetzer Weißbier dunkel der Brauerei Nothhaft stünde dann:
„Zutaten: Wasser, Weizenmalz, Gerstenmalz, Hopfen, Hefe, Farbstoff Röstmalzbier“
Wo wäre das Problem? Außer, dass Brauerbünde nicht mehr mantraartig von der Farbstoffreiheit deutscher Biere salbadern könnten. Im Falle das dunklen Rawetzer Weißbiers fällt auf, dass die Röstaromen für so ein dunkles Bier eher angenehm mild daherkommen. Eine deutliche Röstbittere und auch mehr Säure sind ja sozusagen Nebenwirkung von Röstmalzen. Das ist beim Bier nicht anders als bei der Schokolade oder beim Kaffee. Will man die umgehen, hilft man mit Röstmalzbier nach. Dunklere Farbe, weniger Bittere. Die würde sich auch mit dem fruchtigen Aroma nach reifer Banane beißen. Dazu kommt eine schöne Würze. Nicht schlecht! Und dem einen oder anderen wird es sicher besonders gefallen, weil es eben nicht ganz so schwer in seiner Aromatik ist. Auch bei ratebeer kommt das mit Röstmalzbier gefärbte Rawetzer Weißbier dunkel nicht schlecht weg.
Ich würde es ja auch wieder trinken. Wie gesagt, warum auch nicht. Wenn ich als Konsument weiß, was drin ist, kann ich frei entscheiden. Würde man aber eine Umfrage starten, was man sich unter Röstmalzbier vorzustellen hätte, würden die meisten Konsumenten allerdings nicht antworten können. Man möchte manchmal fast meinen, diese Unwissenheit in Sachen Bier und seine Inhaltsstoffe sei vonseiten des bayerischen Brauerbundes gewollt …
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