Es war noch im letzten Jahr, als ich eine Einladung zur Vorstellung des neuen St. Erhard Saison in der Bierothek bekam. Nachdem ich bis Drei König aber nur Weihnachts- und Bockbiere vorstellen wollte, war bisher kaum Gelegenheit für das Saison, bei dem es sich nicht um ein „saisonales Bier“ handelt. Da ist man schnell auf dem Holzweg.
Unter einem Saison versteht man eigentlich um ein spritziges, leicht fruchtsäuerliches obergäriges Bier, das von den Belgischen Bauern in den kühleren (aber nicht zu kalten!!!) Monaten gebraut wurde, um es großzügig im Sommer an die Landarbeiter ausgeben zu können. Im Englischen nennt man solche Biere deshalb auch farmhouse ales. Schaut man sich das St. Erhard Saison an, merkt man aber gleich, dass man hier einen ganz anderen Weg geht. Mit satten 6,5 % ist es nämlich alles andere als ein sommerlich-frischer Durstlöscher. Ist das St. Erhard Saison also überhaupt ein „echtes Saison“?
Sagen wir es mal so: Es ist eine moderne Craftbier-Interpretation eines Saison. „Wir haben diesen außergewöhnlichen Bierstil mit seinen komplexen Aromen wieder aufgegriffen und neu eingebraut.“, kann man dazu auf dem Etikett lesen. Und im Klartext bedeutet das: Eine Vielzahl an Malzen (Pale Ale Malz, Tennenmalz Dunkel, Belgische Karamellmalze, Weizenmalz und Weizen-Karamellmalz) treffen auf ganz schön viel Hopfen (Hallertauer Tradition, Nelson Sauvin, Hallertauer Blanc und Mosaic). Ein hopfengestopftes Saison – warum nicht?
Das St. Erhard Saison ist farblich ein bernsteinbraunes, trübes Bier, bei dem im Aroma Malz und ein wenig Frucht und Trauben auffallen. Da kommt der Hallertauer Blanc durch – ein Hopfen, dem ich ja bisher noch nicht so viel abgewinnen konnte. Ich mag halt keinen Weißwein. Probiert man es, so fällt als erstes der Malzkörper auf. Klar, die Malzvielfalt macht sich da bemerkbar. Allerdings wirkt es nicht so schwer. Die deutliche Spritzigkeit des Biers nimmt dem Malzkörper die Schwere und lässt den Hopfenaromen mehr Raum. Da kommen die Fruchtaromen deutlicher hervor – und eben auch im Abgang ein leichtes Traubenaroma. Im Zusammenspiel mit der leichten Säure, dem Malz und der angenehmen Bittere passt das aber. Da kann sogar ich meinen Frieden mit dem Hopfen Hallertauer Blanc schließen. Das St. Erhard Saison ist jedenfalls ganz gut gelungen, auch wenn es kein Belgier als Saison ansehen würde. Aber es ist halt so: Willst du in der momentanen Bierszene auffallen, musst du klotzen, nicht kleckern. Und dann darf ein Saison auch hopfengestopft sein und mit 6,5 % „bockstark“ sein. Der Alkohol ist jedenfalls gut eingebunden und das St. Erhard Saison gefällt mir jetzt (auch in der Flasche) besser als die Vorabversion, die ich im Rahmen des 3. Bamberger Biersymposiums probieren konnte.
Was mir auch gefällt, sind die Braunglas-Flaschen. Ich kann mir nicht helfen, aber ein fränkisches Bier gehört nicht in Klarglas, zumindest nicht für den heimischen Markt. Aber das sind fränkische Befindlichkeiten. Dass in anderen Teilen der Republik oder in Indien ein filtriertes Kellerbier in einer Klarglas-Flasche funktionieren kann, ist eine andere Sache. Aber als Franke kann ich da nicht aus meiner Haut. ;-)
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