Zu den Biertrends der jüngsten Zeit gehören die „nassgehopften“ Biere. Unter dem missverständlichen Begriff „Nasshopfung“ versteht man eine Hopfengabe mit frischem, unbehandelten Hopfen. Die Hopfendolden kommen sozusagen noch „grün“ ins Bier – obwohl natürlich auch Hopfenpellets immer noch grün sind. Neben dem Begriff „Nasshopfung“ gibt es dementsprechend auch den Begrif „Grünhopfung“.
Die Vorteile der Nasshopfung sollen darin liegen, dass ohne Trocknung und Weiterbehandlung wie Mahlen und Pressen das Naturprodukt reicher an ätherischen Ölen – also an Aroma – sein soll. Beim Staffelberg-Bräu Hopfen-Zwerchla spricht das Etikett von nicht mal zwei Stunden zwischen Pflücken und Brauvorgang.
Auf der anderen Seite stehen vor allem zwei Nachteile: Nasshopfen kann man nur ein mal im Jahr – nämlich nur während oder kurz nach der Hopfenernte. Und dann fährt man mit Hopfendolden ein wenig „blind“. Wie viel Alphasäure oder Aromaöle jetzt genau in den Dolden sind, weiß der Brauer nur so ungefähr. Bei Naturprodukten ist das einfach so.
Wie „besonders“ sind jetzt nassgehopfte Biere wie das Hopfen-Zwerchla der Staffelberg-Bräu aus Loffeld? Das ließe sich nur einwandfrei sagen, wenn man einen Sud teilte und dann je eine Charge mit „standardisierten Pellets“ und eine mit der entsprechenden Menge Hopfendolden einbrauen würde. Der restliche Brau-, Gär- und Lagerprozess müsste dann natürlich wieder identisch sein. Aber das wäre etwas für Laboranten. Oder Hobbybrauer. Als Kunde hat man das nassgehopfte Hopfen-Zwerchla vor sich stehen und … halt keinen direkten Vergleich.
Das goldene, leicht trübe Bier mit 4,8 % riecht schon schön nach Hopfen, zumindest, wenn man die Flasche öffnet. Genau so soll es ja auch sein. Sowas kenne ich aber auch von „Pellet-Bieren“. Den Hopfen hat man auch im Geschmack, vor allem im Aroma. Aber im Vergleich zu so manchem „Pellet-Pils“ fehlt es dem Hopfen-Zwerchla an knackiger Bittere. Andererseits hat die auch nicht jedes „klassische“ Pils.
Sonst hat man ein sehr angenehmes Bier, das sich im Trunk sehr frisch zeigt. Der Körper ist leicht und schlank, das Hopfenaroma klassisch irgendwo zwischen getreidigen und grasigen Noten. Das Bier ist süffig, eher wie ein hopfenaromatischeres, fruchtigeres Helles. Für meinen Geschmack könnte es sogar noch ein wenig knackiger und noch hopfiger sein. Aber wie speziell „craftbierig“ ist es???
Der Online-Händler Bierdeluxe verspricht bei nassgehopften Bieren ja einen besonderen Genuss: „Einmal im Jahr, kurz nach der Hopfenernte, kommen die Biere auf die jeder Hopfenliebhaber wartet, die sogenannten Grünhopfen-Biere. Grünhopfen (oder auch Nasshopfen, in USA Wet Hop) überzeugen durch ihre unbeschreiblich intensive Hopfenaromatik. Grünhopfen wird fast unmittelbar nach der Ernte eingebraut, auf die übliche Trocknung der Hopfendolden nach der Ernte wird hier verzichtet, so kann der Hopfen fast nichts von seinen ätherischen Ölen verlieren. Dies sind die idealen Biere für alle Hopfenjunkies.“
Sagen wir es so: Die Biere, bei denen der Hopfen handgepflückt wird (wie beim Loffelder Hopfen-Zwerchla) werden häufig deutlicher gehopft. Deshalb schmecken sie sicher intensiver. Ob man dieses Aroma mit Pellets nicht auch so hinbekäme? Es ist wohl so wie mit einem handgeschnitzten Stuhl: Der Unterschied liegt in Details wie der schwankenden Bitterstoffausbeute beim unbehandelten Naturprodukt Hopfen. Und darin, dass hier eben noch ganz traditionell handwerklich mit natürlichen Produkten gearbeitet wird! Der nächste Schritt wäre dann, das Getreide kurz vor dem Brauprozess selbst zu vermälzen.
So zu arbeiten hat tatsächlich einen (Mehr-)Wert und ich denke, genau so sollte man ihn auch kommunizieren.
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