Das Schöne am 3. Bamberger Biersymposium war – und da waren sich wohl alle Teilnehmer einig –, dass sich ein Wochenende lang vom Hausbrauer bis zum  Biersommelier, vom Braumeister bis zum Bierbegeisterten auf Augenhöhe über alles unterhalten können, was irgendwie mit Bier zu tun hat. Und natürlich, dass man die interessantesten (und manchmal auch die „ungewöhnlichsten“) Biere verkosten kann. Gut, die ersten Biere bei meinem Vortrag mit Verkostung waren eher „Negativ-Beispiele“ für „Braukunst“.

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Was mir dabei unter anderem aufgefallen ist, ist, wie kreativ und qualitativ hochwertig die Hobbybrauerszene so braut. Nehmen wir nur mal die Biere, die Ralph und Michael  Hertrich so in ihrer Hobbybrauerei Braukunst Hertrich so brauen. Ich weiß, dass die Etiketten keinen gängigen Vorschriften entsprechen, aber hey … trotzdem wirken diese Biere schon mal verdammt professionell. Und – typisch Craftbier – dort stehen detailierte Zutatenlisten.

Braukunst Hertrich Red Lady

Beim Red Lady – oder bei der Red Lady – findet man dort neben Gersten-, Weizen- und Rauchmalz auch die Hopfensorten (Spalter Select und Hersbrucker Spät), natürlich das Brauwasser und die Hefe … und … Chilischoten. Chilischoten? Chilischoten! Denn bei diesem Bier ließ sich Ralph Hertrich vom Weyermann® Honey Chili Porter inspirieren. Nur, dass er hier keinen Porter, sondern eher ein Red Ale gebraut hat. Und das hat geschmeidige 5,2 % und ist schön bernstein-kupfer-trüb. Wobei der Eindruck auf dem Bild leicht täuschen mag. Denn bei diesem Bild war verdammt viel von der Hefe mit im Glas. Aber das ist beim Hausbrauen einfach so. Filtration ist schwierig und bei den meisten Haus- und Hobbybrauern auch nicht gewünscht. Aber ich schreibe schon wieder um den heißen Brei herum. Denn die Frage ist doch, wie so ein hausgebrautes Chili-Bier so schmeckt.

Braukunst Hertrich

In Sachen Geschmack fallen zwei Dinge auf: Erstens die Sache mit dem Rauchmalz. Es soll – so Ralph Hertrich – eine Schaufel voll gewesen sein. Wie groß in dem Fall auch immer die Schaufel war. Wahrscheinlich war’s eher ein „Schäuferla“. Jedenfalls fällt das Rauchmalz nicht extra auf. Wer sich jetzt aber fragt, ob man es dann nicht auch hätte weglassen können, dem sei gesagt, dass so ein wenig Rauchmalz Biere vollmundiger wirken lassen kann.

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Die interessantere Sache ist aber, wie sich die Chilinote so im Bier macht. Da handeln viele Brauer – nicht nur im Hobbybereich – nach der Devise: Viel hilft viel. Lieber ein wenig mehr „BÄMM!!!“ als, wenn zu wenig Chili drin wäre. Und so klang es fast ein wenig entschuldigend, als der Brauer meinte, dass die Schärfe im Vergleich zu Chilichips dezent wäre. Aber genau das macht den Reiz dieses Biers aus! Denn anfänglich hat man erst mal ein schönes Red Ale vor sich. Nicht übertrieben gehopft, schön süffig … Und dann kommt’s! Also dann kommt die Schärfe. Vielleicht war ich ja noch erkältungstechnisch geschwächt, aber Schärfe wird ja nicht als Geschmack wahrgenommen, sondern als Schmerzreiz. Und der wird durch eine verstopfte Nase kaum gedämpft. Aber hier kommt die Schärfe eben nicht als „Schmerz“. Sie schiebt sich wie ein roter Keil langsam, aber beständig ins Aromenprofil, baut sich auf, füllt den ganzen Mund und Rachenraum. Aber eben nicht als „Schmerz“, sondern … tja, wie beschreibe ich das?

O.k., kennt ihr ZZ Top? Die drei Texaner? Zwei mit Bart und einer heißt Beard? Genau die. Gut, dann stellt euch mal das Video zu „Gimme all your lovin“ vor. Und wer’s nicht kennt, für den gibt’s das Video hier eingebettet. Genau wie der rote Hot Rod sich durch die Tex-Mex-Szenerie schiebt, rollt die Chilischärfe heran. Und genauso „sweet“ wie die drei Ladys, die dazu swingen, sind die Malzsüße, die die Schärfe einbettet, den Mundraum füllt, „scharf macht“ und einfach straight ist. ZZ Top eben. Irgendwas zwischen „Gimme all your lovin“ und „Pearl Necklace“. Ganz ehrlich? Hut ab! Großes Kino! Geil! Danke!

P.S.: Wer das Bier jetzt probieren will, dem muss ich leider sagen, dass es leider unverkäuflich ist. Außerdem reden wir hier von Sudgrößen von 20 bis 30 Litern. Aber für mich ist das kein Grund, nicht auch über hausgebraute Biere zu schreiben. Denn was wäre die Bierszene ohne die Hausbrauer.