Heute gibt es mal wieder ein Bier von einer Brauerei, mit der es ein wenig komisch ist. Also generell ist an der Brauerei Witzgall in Schlammersdorf gar nichts komisch. Die Bausubstanz der Braustätte ist ewig alt, das Braurecht gibt es auch schon ein paar Jahrhunderte, der Ort Schlammersdorf ist ein in der ganzen Republik unbekanntes Nest, wie es derer so viele hier in Franken gibt: 1 Kirsche, 24 Häuser, 174 Einwohner, 1 Friedhof. So liest es sich in der Beschreibung des Orts auf der Homepage der Gemeinde Hallerndorf. Und nicht zu vergessen: 1 Brauerei! Und die liegt – wie sollte es in so einem Ort anders sein – in der Schlammersdorfer Straße. Ein kleines Nest eben.

Witzgall Festbier 1

Aber sitz mal mit Bierfreaks aus Gott und der Welt zusammen. Also vielleicht nicht mit typischen Craftbier-Nerds, aber mit ein paar gestandenen Amis. Oder mit Brasilianern. Oder mit wer weiß wem und unterhalte dich über fränkische Biere. „Oh, Schlammäärsdooorf, been there last year. Great beer, great place!“ Dann scheint es jeder zu kennen. Das liegt an Menschen wie Fred Waltman und seinen englischsprachige Seite franconianbeerguide.com oder wie Gerhard Schoolmann vom Cafe Abseits. Und so kommt es, dass in Deutschland das Bier nahezu „keine Sau kennt“, während die Frankenbierfreaks in aller Welt auf dieses Bier schwören. Schon ein wenig komisch!

Witzgall Festbier

Jedenfalls ist es nicht verwunderlich, dass ich das Schlammersdorfer Festbier im Abseits verkostet hatte. Die 5,5 % des altgoldenen Festbiers sind sozusagen „klassisch“. Festbiere liegen so um den Dreh. Auch der getreidige Touch im Geruch ist typisch für so ein Landbier. „Grainy“ fällt einem dazu ein. Tja, und wie schmeckt es nun? Ich muss ja sagen, dass ich beim Vollbier seinerzeit noch ein wenig skeptisch war. Das Vollbier Festbier (natürlich) hingegen war vom ersten Schluck an „geiler Stoff“!!! Getreidig im Charakter mit Aromen vonHeu und Stroh, hintenraus mit ein wenig Süße und ausbalancierter Bittere. Das ist zugegeben nichts Besonderes, aber es ist dennoch wahnsinnig süffig! Selbst das Etikett der Euro-Pulle strahlt pure Zurückhaltung aus. Würde es irgendwo in einem großen Biergeschäft in München, Berlin oder Hamburg neben all den Hochglanz- und Premium-Fest- & Weihnachtsbieren stehen, niemand griffe zu. Außer denen, die wüsste, welcher Genuss stiller Einfalt sie erwartet. Und komischerweise wären das eher die bierverrückten Amis als die auf ihre Biertradition so stolzen Deutschen.