Ich weiß nicht, ob euch das auch schonmal aufgefallen ist. Also wahrscheinlich eher den älteren unter euch, denn das worüber ich mir gerade so ein wenig Gedanken mache, liegt locker zwanzig bis fünfundzwanzig Jahre zurück. Es muss so in den Neunzigern gewesen sein – vielleicht auch schon Mitte der Achtziger, als das Konzept der „Gasthausbrauerei“ populär wurde.

Gemeinsam ist allen Gasthausbrauereien, dass ziemlich prominent im Raum ein mehr oder minder glänzendes Sudwerk steht.
Barbarossa 5

Sonst aber lassen sich die Gasthausbrauereien grob in drei Gruppen einteilen:
1. Neue Brauerei in altem, historischem Gemäuer:
Das ist der Idealfall. Denn hier gibt es eine vielleicht schon gut eingeführte Gastronomie mit „Brauereiflair“ und Charme. Ein kupferglänzendes Sudwerk vervollständigt das Ambiente. Wenn jetzt noch Essen und Bier passen, kann eigentlich nicht viel schief gehen.
2. Gasthausbrauerei nach Brauereischließung durch Konzern:
Ich würde das jetzt „das Lohrer Modell“ nennen. Da hatte der Kulmbacher-Konzern zuerst die alte Brauerei Stumpf in Lohr in Etappen „platt gemacht“. Zuerst verschwand die Abfüllung, dann die Brauerei. In einem Ort, der auf seine Brauerei stolz ist, ist sowas keine gute Idee. Also reagiert der Braukonzern zur Beschwichtigung mit einer Gasthausbrauerei, die die geschlossene Brauerei ersetzen soll. Im besten Fall ist das eine win-win-Situation. Der Ort behält seine Brauerei, der Braukonzern behält die Kundschaft – auch für das auswärts produzierte Flaschenbier. Dass die Brauerei wie im Lohrer Fall vielleicht gerade mal alibimäßig nur eine Sorte produzieren darf, muss man wohl hinnehmen.
3. Neue Brauerei „auf der grünen Wiese“:
Das ist vielleicht das schwierigste Gasthausbrauerei-Konzept. Schließlich wird hier zumeist in Gewerbe- oder Industriegebieten eine Gasthausbrauerei komplett neu aufgebaut – nicht selten als Teil des Neubaus eines Einkaufsmarktes oder eines „Tanzpalastes“. Dass solche Neunzigerjahre-Betonbauten nicht unbedingt Charme versprühen, kann sich jeder denken. Und dass solche Gasthausbrauereien nicht unbedingt überlebt haben, kann sich auch jeder denken. Um solch eine Brauerei am Leben zu halten, muss man Gäste anziehen und ihnen so einiges bieten. „Gäste anziehen“ bedeutet in dem Fall, den Standortvorteil auf der grünen Wiese zu nutzen. Denn hier hat man Platz, Platz und nochmal Platz für Reisebusgruppen. Die geben eine gewisse Planungssicherheit, bedeuten aber für die Gastronomie auch Stress. Wenn wegen der Busgesellschaften die anderen Kunden zu lange warten müssen bzw. das Essen leidet, geht das Konzept auch schief. Außerdem braucht man entsprechende „Events“, sei es nun „Oktoberfeste“ oder Abende mit speziellem Essen. Stimmen dann auch noch Essen und Bier, dann hält sich sogar eine Brauerei im Obergeschoss eines Edeka-Marktes.

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Wie zum Beispiel in Schöllkrippen die Gasthausbrauerei Barbarossa. Die wurde 1989 gegründet und ist ein typisches Beispiel für den Typ 3. Kommt man an, sieht man zunächst ein Schild, auf dem groß „Reisebusse willkommen“ steht. Platz genug gibt es in der Gaststube. Und es gibt natürlich wöchentliche Aktionen. Dienstags ist immer Brauereifest, mittwochs gibt es Sparerips, donnerstags und freitags sind Fladentage und an jedem 2. Sonntag Brunch mit Kinderbetreuung. Und natürlich gibt es auch Brau-„Crash-Kurse“. Man könnte auch sein eigenes Bier für Hochzeit oder Geburtstag brauen. Und dann macht mana uch noch Spezialitätenwochen: mal Spanien, Mal Frankreich, mal Italien, …

Barbarossa Schölkrippen
Bis jetzt geht das Konzept jedenfalls auf. Als Grundsorte gibt es ein Helles, das von monatlich wechselnden „Spezialbieren“ begleitet wird. Wobei „Spezial“ in dem Fall auch mal „Dunkles“ oder „Weizen„heißen kann.

Barbarossa 3
Das Landbier Dunkel fand ich ganz nett. Es ist nicht unbedingt zu dunkel, eher dunkelbraun. Vom Geschmack her ist es eher mild. Schwere Röstaromen sucht man eher vergebens, dafür ist es angenehm süffig. In Unterfranken wreden ja eh eher hellere Biere getrunken, was unter anderem mit dem Brauwasser zu tun haben könnte. Oder mit der Tatsache, dass es ja auch eher Weißwein gibt. So hat man ein angenehm malziges Bier, hintenraus ein wenig trocken-dunkel. Auch ein wenig Hefe ist dabei und natürlich ist es wie viele Dunkle auch ein wenig süß.
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Doch, das kann man schon trinken. Ich habe ja schon einige Gasthausbrauereien kommen und wieder gehen sehen. Aber dass sich das Brauhaus Barbarossa seit gut 25 Jahren hält, hat schon seinen Grund. Und ich denke mal, es wird sich auch noch ein wenig halten.