Sagt mal, was ist denn da grad in Bayern los? Da bin ich gestern doch über eine Nachricht der bayerischen SPD (ja, sowas gibt’s) gestoßen. Demnach habe die CSU mit ihrer Landtagsmehrheit eine Petition von 120 bayerischen Brauereien für ein Verbot von Gentechnik im bayerischen Bier mit der Begründung abgelehnt, das Thema sei „schon erledigt“.

Bayern SPD

Quelle: https://www.facebook.com/bayernspd.landtagsfraktion/photos/a.149177671770176.21231.146049068749703/836620056359264/?type=1&theater

Nun will ich nicht in die Niederungen bayerischer Landespolitik hinabsteigen. Die wären eine Geschichte für sich. Aber die SPD hat das schon geschickt gemacht. Schließlich sind in Bayern die Schwarzen kategorisch gegen alles, was die Roten, aber auch mal die Grünen oder Freien Wähler unterstützen. Das darf sich die Staatspartei CSU erlauben, solange es noch genügend Oberbayern usw. gibt, die denken, Gott habe als erstes die CSU erschaffen und die gleich danach Bayern, die schönen Alpen, die prächtigen Schlösser, die Seen, den blauen Himmel und natürlich das bayerische Bier … Und bei dem beißt der rote Wadelbeißer jetzt die Schwarzen. Und da sind die bayerischen Konservativen jetzt in einer Art Zwickmühle. Schließlich gibt es das Reinheitsgebot, an das man sich auf Gedeih und Verderb gekettet hat. Und das garantiert doch so vollmundig „reines Bier“. Also ist jede weitere Forderung per se unnötig. Das Thema sei also mithin „schon erledigt“.

CSU Gentechnik

Quelle: http://www.csu-landtag.de/index.php?ka=1&ska=4&idn=933#.VFsXjcmH3WI

Aber so einfach ist das leider nicht. Denn zu Gentechnik steht weder in der Bierverordnung, noch im vorläufigen Biergesetz oder in dessen Durchführungsverordnung. Ein Verbot gentechnisch veränderter Grundstoffe beim Brauen ergäbe also durchaus Sinn. Schließlich wird in der ganzen Welt – laut Datenbank transGen – munter an gentechnisch veränderten Zutaten geforscht.

Gerste: Alleine in der EU soll es laut transGen 13 und in den USA gar 97 Freilandversuche mit gentechnisch veränderter Gerste geben. Neben der üblichen Schädlingsresistenz geht es aber auch um „verbesserte Produkteigenschaften“, was beim Bier eine Verbesserung der Enzymtätigkeit (Glucanase und Amylase) bedeutet.

Hopfen: Beim Hopfen sieht es da schon besser aus. transGen listet momentan keine Freilandversuche auf. Das heißt aber nicht, dass nicht auf diesem Feld geforscht wird.

Hefe: Hier wird es am kniffligsten, denn moderne Bierhefen sind in der Regel schon Spezialzüchtungen, also „High-End-Produkte“ der Bio-Technik. An Hefe wird intensiv geforscht, in Großbritannien, den USA und Kanada sind gentechnisch veränderte Hefen schon zugelassen. In England unter anderem eine gentechnisch veränderte Bierhefe. Würde diese Gen-Hefe in Deutschland beim Brauen eingesetzt, müsste sie nur dann deklariert werden, wenn das Bier unfiltriert wäre.

TransGen

Quelle: http://www.transgen.de/datenbank/lebensmittel/214.bier.html

Und da liegt der Hund begraben, liebe CSU! Braugerste oder Braumalz werden auch bei bayerischen Großbrauereien mittlerweile international eingekauft! Und die Bierhefe wird bei der Diskussion sowieso gerne mal unter den Tisch fallen lassen. Ein explizites Verbot von gentechnisch veränderten Zutaten (und bitte auch Betriebshilfsmitteln! Wer weiß, was den Industriebrauern alles so einfällt) ist alles andere als unnötig! Ein solches Verbot würde aber auch bedeuten, dass der Schutz durch das sogenannte Reinheitsgebot nicht so weit reicht, wie einem die Brauereiverbände, die Bierwirtschaft und Teile der Politik immer wieder mantraartig vorbeten.

Bio-Berndstein

Kein Wunder, dass auch im Bereich Bier Bio boomt. Und auch Brauereineugründungen setzen auf die „neue Reinheit“. Wie zum Beispiel das Brauhaus ELF A im unterfränkischen Glattbach. Da haben zwei Freunde inspiriert vom Buch „Zurück zum Bier“ begonnen, selbst zu brauen und daraus entstand eine eigene Brauerei.Die beiden sind mittlerweile Braumeister und „kennen unsere Lieferanten für hervorragende Bio-Zutaten sehr genau und tun das, was wir am Besten können: Köstliche, und naturbelassene Biere brauen. Lecker, süffig und mit reinem Geschmack.“ So zumindest die Homepage.

Bio Berndstein

 

Nun wird ein Bier nicht automatisch alleine dadurch gut, dass es Bio ist. Im Falle des BIO-BERNDSTEIN kann man aber mit Fug und Recht sagen, dass das Bier richtig gut ist! Das bernsteinfarbene Bier zeigt sich im Geruch malzig mit einer subtilen Hopfennote. Im Mund fällt erst mal eine gewisse Spritzigkeit auf. Dazu ein malziger Grundcharakter und eine feine Citrusnote. Gerade beim Hopfen wirkt dieses Bier ein wenig aunaufgeregt „verspielt“. Hier ein wenig Orange, dort ein wenig Citrus … aber alles ganz dezent. Kein Vergleich mit hopfenlastigen Craftbieren. Denn grundsätzlich ist es kein „Hopfen-Bier“, dagegen würde schon alleine die feine „Bonbonsüße“ sprechen. Das schmeckt alles andere als langweilig, monoton und ist so weit vom Einheits-Fernsehbier entfernt, wie man es sich nur denken kann. Dieses Bier hat seinen eigenen charakter, auch wenn es ein wenig schwer fällt, dieses Bier einem bestimmten Biertyp zuzuordnen. Unfiltriert wie es ist, könnte man es ein Kellerbier nennen. In seiner Fruchtigkeit könnte es auch an ein Märzen erinnern. Von der Idee her ließe es sich auch als „Craftbier“ einsortieren … Wobei diese Diskussion, um welchen Biertyp es sich hier handle, wirklich überlüssig ist – im Gegensatz zu oben erwähnter Diskussion um Gentechnik im Bier!

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Allerdings – und das muss man bei dieser Diskussion auch immer dazu sagen – nicht nur Bio-Biere sind „rein“. Viele kleine und mittelständische Brauereien arbeiten noch ganz „natürlich“, zum Teil auch ohne Hopfenextrakte. Würde man durch strengere Regelungen zur Gentechnik die Hektoliter-Millionäre ein wenig an die Kandarre legen, man würde auch die Vielfalt im Bereich der Kleinbrauereien und Mittelständler schützen! Ich finde, das sollte auch ein Ziel z. B. des Bayerischen Brauerbundes sein. Was wäre Bayern ohne seine Brauereilandschaft? Wäre ich im Vorstand des bayerischen Brauerbundes, ich würde das Thema Gentechnik und Bier auf die Tagesordnung setzen. Aber weder auf Twitter noch auf Facebook gab es bisher eine Reaktion auf besagte Petition. Vielleicht müsste man den Bayerischen Brauerbund mal auf der kommenden BrauBeviale in Nürnberg darauf ansprechen …